Bekenntnisse einer prominenten Politikerin Ruth Davidson spricht über ihre Depression

London · In Schottland hat sie die Konservativen zu erstaunlichen Erfolgen geführt. Nun gilt die Politikerin Ruth Davidson als Kandidatin für die Parteiführung. Doch sie will nicht. Stattdessen beeindruckt sie mit Offenheit über private Probleme.

 Will nie Premierministerin werden: Die 39-jährige Ruth Davidson.

Will nie Premierministerin werden: Die 39-jährige Ruth Davidson.

Foto: picture alliance / dpa

Über Jahre kursierte auf der Insel der Witz, dass es in Schottland mehr Pandabären gibt als konservative Abgeordnete, nachdem der Zoo in Edinburgh zwei Tiere aus China geliehen hatte. Die Tories nämlich hatten nur einen einzigen Parlamentarier in Westminster vorzuweisen. Das änderte sich erst mit einer Frau: Ruth Davidson.

Die Vorsitzende der schottischen Konservativen führte bei der Unterhauswahl im vergangenen Jahr ihre Partei zum größten Erfolg seit 1983. 13 Parlamentssitze gewannen die Tories nördlich der Grenze, wie es gerne heißt. Ihre direkte Art kommt an – so sehr, dass die 39-Jährige schon als potenzielle Kandidatin für den Vorsitz der Konservativen gehandelt wurde. Doch diese Hoffnungen hat Davidson nun enttäuscht. Und sich erstaunlich offen über die Gründe geäußert, warum sie nie das Amt des Premierministers übernehmen wolle. Nicht nur, dass sie demnächst mit ihrer Verlobten Jen Wilson ihr erstes Baby erwartet und deshalb nicht aus Edinburgh wegziehen würde. Davidson berichtete gegenüber der „Sunday Times“ auch, dass sie als Teenager unter schlimmen psychischen Problemen gelitten habe. Der Selbstmord eines Jungen aus ihrem Heimatort brachte sie „zum Abstürzen“, wie sie in einem demnächst erscheinenden Buch enthüllt. Mit 17 habe sie angefangen, sich selbst zu verletzen. Mit Rasierklingen oder Glasscherben habe sie sich an den Armen und am Bauch aufgeritzt oder mit den Fäusten gegen Mauern geschlagen. Mit 18 folgte die Diagnose: Depressionen. Durch die Medikamente bekam sie „verzweifelte, dunkle, schreckliche Träume“, wie sie schreibt. „Ich begann, Selbstmordgedanken zu haben.“

Für ihr „mutiges und ehrliches Interview“ erhielt die Abgeordnete, die seit 2011 für den Bezirk Edinburgh Central im schottischen Regionalparlament sitzt, viel Zuspruch – sowohl von Kollegen aus allen Parteien als auch von Medizinern. Volksvertreter sprächen selten so offen über gesundheitliche Probleme, hieß es in der linksliberalen Wochenzeitung „The New Statesman“. „Wir müssen alles daran setzen, die Stigmatisierung um psychische Erkrankungen zu beenden“, sagte der schottische Labour-Chef Richard Leonard und lobte seine konservative Widersacherin für ihren Schritt in die Öffentlichkeit.

Davidson verglich die Depressionen mit einer „erdrückenden schwarzen Decke“, die ihr auch während ihrer Zeit an der Universität Energie geraubt habe. Sie studierte Englische Literatur, arbeitete als Journalistin, bevor sie in Glasgow ihren Master in Internationaler Entwicklungshilfe machte und im Anschluss in die Politik wechselte. Bis heute hat sie Angst vor einem Rückfall. Machtkämpfe, wie ihre Partei sie derzeit wieder einmal erlebt, will die Brexit-Gegnerin nicht ausfechten. „Dafür wertschätze ich meine Beziehung und meine psychische Gesundheit zu sehr“, sagte Davidson.

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