Tourismus in der Toskana Florenz verbietet Essen auf der Straße

Florenz · Die toskanische Metropole Florenz erregt mit neuen Beschränkungen Aufsehen: Essen auf der Straße ist im Gehen oder Sitzen verboten. Das trifft Touristen und die Besitzer von Läden, die mit der regionalen Fast-Food-Delikatesse Focaccia Geschäfte machen.

 Wahrzeichen von Florenz ist der Dom Santa Maria del Fiore, dessen Kuppel die Altstadt überragt. In deren Straßen tobt zurzeit ein Streit um eine auch bei Touristen beliebte regionale Delikatesse, deren öffentlicher Verzehr nun reglementiert ist.

Wahrzeichen von Florenz ist der Dom Santa Maria del Fiore, dessen Kuppel die Altstadt überragt. In deren Straßen tobt zurzeit ein Streit um eine auch bei Touristen beliebte regionale Delikatesse, deren öffentlicher Verzehr nun reglementiert ist.

Foto: picture-alliance / dpa

Wer nach Florenz kommt, der bewundert nicht nur die Gemälde in den Uffizien, wunderbare Renaissance-Paläste, sehenswürdige Kirchen und Plätze, sondern erfreut sich auch an kulinarischen Spezialitäten. Eine davon ist die sogenannte Focaccia, ein knuspriges Fladenbrot aus Hefeteig, Olivenöl und Salz, das etwa mit Fenchel-Salami, Mozzarella und Tomaten oder Rohschinken gefüllt wird. In Florenz ist die Focaccia auch unter dem Namen Sciacciata oder Sbriciolona bekannt. Touristen aus aller Welt sind dieser Street-Food-Delikatesse längst auf die Spur gekommen – eine Tatsache, die einerseits zu kaufmännischer Zufriedenheit der Verkäufer, aber auch zum Unmut der Anwohner und der Konkurrenz geführt hat. Man kann es so sagen: Die Focaccia hat Unfrieden in der Stadt der Medici ausgelöst.

Seit ein paar Wochen ist deshalb eine aufsehenerregende Verordnung des Bürgermeisters in Kraft, der zufolge das Essen im Gehen oder Sitzen auf der Straße verboten ist. Die Verordnung gilt in vier Straßen in der Altstadt von Florenz. Dort sind die meisten Street-Food-Läden aktiv.

Sämtliche Geschäfte in der betroffenen Zone zwischen Uffizien und Piazza del Grano wurden verpflichtet, auch eine englische Version der Verordnung ins Schaufenster zu hängen. Darauf ist festgehalten: Es ist verboten, jede Art von Essen – im Stehen oder Sitzen – vor Geschäften oder Hauseingängen zu verzehren. Das Verbot gilt zur Mittag- und zur Abendessenszeit, wenn sich besonders viele Hungrige vor und um die Geschäfte versammeln, die die Delikatessen verkaufen. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafen zwischen 150 und 500 Euro geahndet.

Grund für das strikte Vorgehen sind die Beschwerden von Anwohnern und Geschäftsinhabern, die weniger profitieren als die Focaccia-Verkäufer. Sie bemängeln das Gedränge auf der Straße und auf dem Bürgersteig, beschweren sich über vor Laden- und Hauseingängen rastende Touristen, die nicht selten Papier oder Essensreste hinterließen.

Aktiv wurde die Stadtverwaltung, nachdem Ende August ein libanesischer Geschäftsinhaber in der Via dei Neri und drei Touristen aus Spanien einander in die Haare geraten waren. Der Lederwarenverkäufer hatte die Focaccia-Genießer vor seinem Schaufenster aufgefordert, Platz zu machen. Offenbar reagierten die Touristen aber nicht auf die Aufforderung, es kam zu Handgreiflichkeiten. Die Verordnung soll derartige Zwischenfälle künftig verhindern. „Die Touristen, die sich bei uns so wie bei sich zu Hause verhalten, werden immer unsere geschätzten Gäste sein“, versicherte Bürgermeister Dario Nardella. „Nur wer Florenz liebt, verdient Florenz!“

Der Bürgermeister greift gern robust durch

Nardella ist für sein robustes Durchgreifen gegen Touristen bekannt. Vergangenen Sommer verfügte er die Bewässerung von Kirchenstufen und Brunnentreppen, um missliebige Rastende zu vertreiben. Jährlich besuchen mehr als zehn Millionen Touristen die Hauptstadt der Toskana, mit Folgen wie dem Focaccia-Streit. Die bizarren Maßnahmen zeigen: Massentourismus ohne Kollateraleffekte ist eine Illusion.

Diese Erfahrung machen auch Städte wie Rom oder Venedig, die jährlich von rund 14 respektive rund 25 Millionen Menschen besucht werden. Auch dort erließen die Stadtverwaltungen Verordnungen, die dem angeblichen Sittenverfall Einhalt gebieten wollen. In Venedig wurden für Tage mit besonders großem Andrang zuletzt sogar Zugangsbeschränkungen für die Stadt eingeführt.

Dort war es auch, als vor Tagen der Schauspieler Stefano Accorsi während des Filmfestivals eine Kontroverse auslöste. Nachts um 2.30 Uhr verspeiste Accorsi, elegant im Smoking gekleidet, auf der zentralen Piazza San Marco eine Pizza im Karton und postete ein Foto davon in den sozialen Netzwerken. Die Reaktionen waren nicht nur euphorisch angesichts der schönen, elegant gekleideten Berühmtheit, die ein italienisches Nationalgericht vor großartiger Kulisse verspeist. Der Verband der Restaurantbetreiber protestierte heftig gegen das schlechte Beispiel, das Accorsi der Welt gebe. Auf der Piazza San Marco sei der Verzehr von mitgebrachtem Essen verboten. Nun hatte sich Accorsi aber mit seiner Pizza an einen leer stehenden Tisch auf der Piazza gesetzt. Wie dieser Tatbestand zu beurteilen ist, daran scheiden sich die Geister.

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