Politisches Showbusiness in den USA Der Poster-Boy der Rechten

Washington · Als Donald Trumps Mitstreiter für die jüngeren Wählerschichten hat sich der bekennend schwule Rechtsausleger Milo Yiannopoulos einen Namen gemacht und Einfluss gesichert. Jetzt könnten Äußerungen zum Kindesmissbrauch die Karriere des gebürtigen Briten knicken lassen.

 Breitbarts Beau in Aktion: Milo Yiannopoulos bei einer Pressekonferenz in Orlando im Juni 2016.

Breitbarts Beau in Aktion: Milo Yiannopoulos bei einer Pressekonferenz in Orlando im Juni 2016.

Foto: AFP

Er nennt Donald Trump „Daddy“. Und „Väter“ helfen bekanntlich, wenn die Brut in Schwierigkeiten steckt. An der staatlichen Universität im kalifornischen Berkeley sollte Milo Yiannopoulos neulich den Schlusspunkt seiner „Gefährliche Schwuchtel“-Tour setzen; eine Art Agitprop-Zirkus, in dem der 33-jährige Brite mit deutsch-griechischen Wurzeln den Tanzbären gegen politische Korrektheit gibt.

Böse Polemiken gegen Frauen und den Feminismus. Hass auf Liberale. Häme gegen Mainstream-Politiker. Spott für die globalen Eliten. Alles vorgetragen im blinddarmreizenden Stakkato-Stil. Milo Yiannopoulos, der bekennend schwul lebt, tritt bei seiner Ein-Mann-Show mit Anlauf wirklich jedem in den Hintern, der nicht denkt wie er. Wo lernt man so was?

Yiannopoulos ist in der Petrischale des lange von Trumps Chefberater Stephen Bannon geführten Propaganda-Netzportals Breitbart vom Einzeller zum Medien-Hulk in rechten Kreisen mutiert.

Weil der Schutzschirm der Verfassung die Meinungsfreiheit in den USA auch Hetzer vor dem sauren Regen der Strafverfolger schützt, wissen sich manche nur noch mit dem Baseballschläger zu helfen, wenn der Narziss das Wort erheben will. In Berkeley kam es zu so schweren Tumulten zwischen Gegendemonstranten und der Polizei, dass Yiannopoulos das Weite suchten musste. Danach flüchtete er zu Trumps Lieblingssender Sender Fox News, um sich als Opfer zu bejammern, das „mundtot gemacht werden soll“. Ausgerechnet auf dem Campus, der in den 60er Jahren Inkubator des Free-Speech-Protests von links war.

An dieser Stelle kommt „Daddy“ ins Spiel. Der Stadtneurotiker Yiannopoulos hat Trump im Wahlkampf als „Übersetzer“ in die Jahrgänge gedient, die mit dem 70-Jährigen wenig anfangen konnten. Also drohte Trump dem Campus in Berkeley vor wenigen Tagen mit dem Entzug staatlicher Gelder, „wenn dort keine Redefreiheit erlaubt ist und Gewalt gegen unschuldige Menschen mit anderer Meinung angewendet wird“.

Der Satz fällt ihm an diesem Mittwoch vor die Füße. Beim CPAC-Konvent, auf dem sich bis Samstag in Washington Tausende Ultra-Konservative treffen und den Kantersieg gegen die Demokraten feiern, sollte Milo neben Trump ans Mikrofon treten.

Dann tauchten Videoclips auf, in denen sich der Engländer für sexuelle Kontakte zwischen jungen Knaben und älteren Männern aussprach. Über Nacht stand der Vorwurf der Pädophilie im Raum. Was Yiannopoulos abstreitet. Zu spät: CPAC-Boss Matt Schlapp lud den Extremisten der freien Rede am Montag auf Drängen republikanischer Machtzirkel kurzerhand wieder aus. Kurz danach platzte ein Buch-Deal mit dem renommierten Verlag Simon & Schuster, für den Yiannopoulos einen Vorschuss von 250 000 Dollar erhalten haben soll.

Bereits 2016 zog der Kurzmitteilungsdienst Twitter Yiannopoulos den Stecker, weil er für seine 330 000 Anhänger die schwarze Schauspielerin Leslie Jones („Ghostbusters“) bösartigst durch den Kakao gezogen hatte. Was macht nun Trump? Und was Breitbart, wo der kapriziöse Dandy aus der Grafschaft Kent immer noch als Redakteur geführt wird? Stützen sie ihn? Oder stoßen sie ihn ab?

Die rechts-nationalistische Alt-Right-Bewegung, deren Beifall Donald Trump im Wahlkampf gerne einstrich, hatte Yiannopoulos zu ihrem Poster-Boy erkoren. Seine Breitbart-Hasspredigten gehören zu den meistgeklickten Beiträgen. Immer geht es um den Sturm auf ein imaginiertes Meinungskartell der Linken, das Konservative unterdrückt. Zuletzt legte Yiannopoulos dar, dass die Waschmaschine zu den schlimmsten Erfindungen der Menschheit gehöre – weil sie die Frauen ihrer häuslichen Gewohnheiten entrissen, in die Arbeitswelt entlassen und am Ende kreuzunglücklich gemacht habe.

Außerdem mache die Pille fett, was „niemals in einer zivilisierten Gesellschaft erlaubt sein dürfte“. Dass er die Bewegung „Black Lives Matter“, die sich für Afro-Amerikaner einsetzt, als Hasskampagne betrachtet und Transsexuelle als geisteskrank abkanzelt, gehört ebenfalls zum Repertoire.

Bisher hatte der an pathologischer Geltungssucht leidende Schnellsprecher in Trump einen stillen Beschützer. Distanziert sich „Daddy“, könnte eintreten, was sich Kritiker wie Siraj Hashmi vom konservativen „Washington Examiner“ wünschen: „Für Leute wie Milo Yiannopoulos ist Aufmerksamkeit wie Sauerstoff. Ohne sie wird seine Marke sterben.“

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