Livestream Bonner Forscher zeigen Foto von Schwarzem Loch

Bonn · Bonner Forscher und 200 internationale Kollegen wollen am Mittwoch erstmals den dunkelsten Punkt des Universums präsentieren: Das erste Foto eines Schwarzen Loches. Bei uns gibt es das Video der Vorstellung.

Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn werden gemeinsam mit 200 teils internationalen Kollegen an diesem Mittwoch das erste Foto eines energiereichen Schwarzen Loches präsentieren. Es soll auf sechs Pressekonferenzen weltweit zeitgleich vorgestellt werden.

Für eine davon sind die Bonner Forscher bereits nach Brüssel gereist, wo EU-Forschungskommissar Carlos Moedas um 15.07 Uhr auf den roten Knopf drücken soll. Das Ereignis kann getrost als astronomische Sensation gelten, denn die Existenz dieser massereichen Objekte ist bislang nicht abschließend bewiesen.

Ein Schwarzes Loch ist eigentlich so stark an Masse und entsprechender Energie, dass keinerlei Materie und Information wie Licht oder Radiosignale seinen Einflussbereich - man spricht von Ereignishorizont, englisch "event horizon" - verlassen kann. "Seit 2015 sind wir technisch aber in der Lage, ins Umfeld eines Schwarzen Loches zu sehen", erklärt der Bonner Radioastronom Eduardo Ros vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie.

Erst lange Wellen im Radio- und Infrarotbereich mit einer Wellenlänge von einem Millimeter können in diese unglaublich dicht gepackte Masse eindringen. Je breiter der Fokus der Radiowellen, desto genauer werden die Ergebnisse.

Im April 2017 haben die Wissenschaftler deshalb acht Radioteleskope unter anderem in Spanien, Mexiko, Hawaii sowie in der Antarktis zum Event Horizon Telescope (EHT) zusammengeschaltet. So konnten sie im Zusammenschluss Daten von entsprechender Detailschärfe sammeln. Das Teleskop in Effelsberg lieferte lediglich ergänzende Messdaten, da der Himmel über der Eifel nicht trocken und klar genug für entsprechende Beobachtungen ist. Weltgrößtes Teleskop zeigt speiendes Schwarzes LochSo groß wie noch nie eines zuvor ist das Teleskop, das Forscher zur Analyse eines Materie spuckenden Massemonsters verwendet haben.

"Wir haben uns zwei Objekte vorgenommen", berichtet Johan Anton Zensus, einer von drei Direktoren des Bonner Instituts und Vorstandsvorsitzender der EHT-Kollaboration, an der neben 30 Kollegen aus Bonn vor allem Wissenschaftler aus Harvard und Taiwan sowie von fast 60 weiteren Institutionen beteiligt sind. Ein Kandidat ist das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße mit dem Gewicht von vier Millionen Sonnenmassen. Seine astronomische Hausnummer lautet Sgr A*. Sgr steht für das Sternbild Schütze (Latein: "Sagittarius"). Allerdings ist der Blick darauf durch Dunkelwolken im interstellaren Zentrum versperrt. Darum ist es nicht sicher, ob hier tatsächlich ein Bild gelingt.

Supercomputer wertete in Bonn 3,9 Millionen Gigabyte Daten aus

Auch zahlreiche andere Galaxien enthalten Schwarze Löcher. Darunter ist M87. Das dortige Loch ist zwar rund tausendmal weiter entfernt, allerdings soll es auch die zweitausendfache Masse enthalten. "Anders als das Zentrum unserer Heimatgalaxie ist es - das ergaben indirekte Beobachtungen der letzten Jahrzehnte - von einer Donutartigen Wolke aus heißen Gasen mit einem langen Schweif umgeben", erklärt Zensus.

Bis Dezember 2017 dauerte es, bis alle Datensätze auf Magnetspeicherplatten in Bonn eingegangen waren. Die Festplatten aus der Antarktis etwa konnten erst im Frühjahr auf der Südhalbkugel geborgen werden. 3,9 Millionen Gigabyte Daten wurden schließlich in den Supercomputer im Keller des Bonner Instituts eingelesen. Die Hälfte davon wurde in diesem Korrelator berechnet, der Rest ging ins Massachusetts Institute of Technology (MIT) nach Boston.

"Nachdem die Daten zusammengefügt waren, haben wir sie geprüft und mit vorhandenen Messergebnissen verglichen", erklärt Zensus. Die Forscher wollten sich möglichst sicher sein, dass die Bilder keine künstlichen Artefakte oder Messfehler enthalten, sondern tatsächlich ein Abbild der stellaren Wirklichkeit. "Wir haben dann auch zahlreichen externen Wissenschaftlern unsere Daten zur Überprüfung gegeben", ergänzt Ros, der Sekretär des EHT-Projektes.

Das Bild dürfte Zweifler überzeugen

Ob den Forschern nun Bilder aus beiden Galaxie-Zentren gelungen sind, dürfen sie noch nicht verraten. Doch dass sie eine Sensation im Köcher haben, steht außer Frage. "Wir haben hier in Bonn vor 20 Jahren angefangen, die ersten Steine für dieses Haus zu verlegen", sagt Zensus. Insofern sei das ein wichtiger Schritt für die Weltraumforschung.

Einerseits dürfte das Bild wohl die letzten Zweifler überzeugen, die bis heute den direkten Beweis für die Existenz Schwarzer Löcher einfordern. Im Infrarotbereich konnte man bereits vermessen, wie sich die Sterne im Umfeld des Loches im Zentrum der Milchstraße bewegen. Sie ziehen ungewöhnlich schnell ihre Bahnen. Einzige physikalische Erklärung dafür ist die ungeheure Masse des Schwarzen Loches. So ließ sich auch dessen Masse indirekt bestimmen.

Zwar wird man auf dem Bild das Loch selbst nur als dunklen Schatten wahrnehmen. Drumherum vermuten die Wissenschaftler aber eine helle Korona aus Gasen. Die werden heiß, wenn sie eingesogen werden, und beginnen zu leuchten.

Zum anderen dürfte die Aufnahme Einsteins Relativitätstheorie von 1915 belegen. Der Physiker hatte schon vor mehr als einem Jahrhundert vorausgesagt, wie sich Lichtteilchen am Rande eines Schwarzen Loches verhalten. Auch aus dem Bild selbst dürften die Wissenschaftler Daten zur Masse, Struktur und Geschwindigkeit der Rotation des Schwarzen Loches ableiten. "Letztendlich sind wir nun wieder erst am Anfang einer ganzen Reihe von Entdeckungen", glaubt Ros. Weitere Aufnahmen von Schwarzen Löchern werden folgen und womöglich endlich Licht in deren undurchdringliches Dunkel bringen.

Die Pressekonferenz wird am Mittwoch ab 15 Uhr unter www.eso.org öffentlich gestreamt.

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