Tödliche Auffahrunfälle ADAC sieht Verbesserungmöglichkeiten bei Bremsassistenten

Bonn · Zwei tödliche Auffahrunfälle mit Lastwagen auf der A3 in zwei Tagen: Was ist dran an der Wahrnehmung, dass Lkw eine ständige Bedrohung für andere Verkehrsteilnehmer sind?

Es waren zwei schreckliche Unfälle, geschehen nur wenige hundert Meter entfernt voneinander auf der A3 bei Ratingen. Beide Male fuhren Lastwagen auf andere Fahrzeuge auf. Dabei starb am Donnerstag der Bonner Badmintonspieler Erik Meijs und ein weiterer Unfallbeteiligter, als nach Polizeiangaben ein Lkw ungebremst auf ein Stauende raste. Nur einen Tag später erlag der Fahrer eines Kleinlasters, der auf einen bremsenden Lkw auffuhr, noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen. In beiden Fällen ist die genaue Unfallursache noch unklar.

Dennoch stellen sich schnell Fragen, mit denen sich auch der Verkehrsclub ADAC bereits beschäftigt hat: Überladene und unsichere Fahrzeuge, übermüdete Fahrer, Unfälle mit Toten und Verletzten – in der öffentlichen Wahrnehmung erscheinen schwere Nutzfahrzeuge als ständige Bedrohung für alle anderen Verkehrsteilnehmer. Was ist wirklich dran? Und was kann getan werden?

Ergebnis: In 2016 wurden insgesamt 308.145 Unfälle mit Personenschaden polizeilich aufgenommen, darunter 29.353 Unfälle mit Beteiligung von Kleintransportern, Lkw und Sattelschleppern, was einer Quote von rund zehn Prozent entspricht. "Im Schnitt sind Lkw also seltener an Unfällen beteiligt. Allerdings sind die Folgen bei Kollisionen mit Lastwagen meist viel dramatischer, die Unfallschwere überdurchschnittlich hoch", sagt ADAC-Verkehrsexperte Roman Suthold.

745 Tote bei Unfällen mit Lastwagen

Bei den Unfällen mit Beteiligung von Lastwagen wurden insgesamt 745 Menschen getötet, darunter 132 Insassen der Lkw selbst. Insgesamt kamen im vergangenen Jahr 3206 Menschen im Straßenverkehr ums Leben.

Das Hauptkonfliktfeld zwischen Lkw und anderen Kraftfahrern liegt laut ADAC auf der Autobahn. "Gerade hier verursachen übermüdete oder abgelenkte Lkw-Fahrer schwere Auffahr- und Abkommensunfälle. In diesem Zusammenhang muss die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten konsequent überwacht und geahndet werden", fordert der ADAC.

Darüber hinaus sieht der Verkehrsclub vor allem Verbesserungmöglichkeiten bei den Assistenzsystemen und dem Unterfahrschutz an Lkw-Heck und -Seiten. "Elektronische Sicherheits- und Assistenzsysteme wie der Lkw-Notbremsassistent, ESP, Spurhalteassistent und Fahrerüberwachung können zukünftig viele Unfälle vermeiden."

Notbremsassistenten für Lkw gesetzlich vorgeschrieben

Bereits seit 2015 sind automatische Notbremsassistenten für Lkw vorgeschrieben. Dabei gibt es zwei Stufen: Stufe 1 ist seit November 2015 für alle Neufahrzeuge ab acht Tonnen vorgeschrieben, Stufe 2 gilt ab November 2018. Dabei müssen in Stufe 2 Lastwagen bei vor ihnen stehenden Hindernissen 20 km/h aus den 80 km/h Fahrgeschwindigkeit abbauen. "Das heißt aber, dass ein Lastwagen immer noch mit 60 km/h mit dem Hindernis kollidieren würde", erklärt Verkehrsexperte Suthold.

Dabei sei die Technk bereits viel weiter entwickelt, wie ein Test des ADAC gezeigt hat. Demnach können neue Lastwagen mit intelligenter Sensorik und Logarithmen für die automatischen Notbremssysteme bereits Unfälle bis 80 km/h vermeiden, selbst bei stehenden Hindernissen wie an einem Stau-Ende. Die Bremswirkung sei der eines Pkw ebenbürtig. "Dementsprechend könnten die Gesetze entsprechend verschärft werden", so Suthold weiter.

Weitere Probleme: Die Pflicht gilt nur für Neufahrzeuge, das heißt, dass die Systeme noch nicht flächendeckend in allen Lastwagen vorhanden sind. Und: Die Fahrer können sie abschalten. "Das sollte nur in Ausnahmefällen möglich sein", fordert Suthold.

Verschäft werde das Thema Auffahrunfälle zudem durch Ablenkungen am Steuer. "Das hat es zwar immer schon gegeben. Aber durch die Smartphone-Nutzung im Auto hat das Thema extrem an Brisanz gewonnen", sagt der ADAC-Verkehrsexperte. "Leute schauen auf ihr Handy, telefonieren, texten. Und sie realisieren dabei nicht, dass sie in einer Sekunde Abgelenktheit schon 50 Meter weitergefahren sind."

Das rät der ADAC beim Auffahren auf ein Stauende

Für Autofahrer, die sich der kritischen Situation "Stauende" nähern, hält ADAC-Mann Suthold ein paar Tipps bereit: "Hier muss die Aufmerksamkeit deutlich erhöht werden, und zwar nicht nur mit Blick auf das, was vor einem liegt. Auch der Blick in den Spiegel, um das rückwärtige Geschehen zu beobachten, ist extrem wichtig."

Zudem rät Suthold, bei stockendem Verkehr umgehend die Warnblinkanlage einzuschalten und ausreichend Abstand nach vorne zu halten, um gegebenenfalls noch Platz zum Ausweichen zu haben. Und: "Eines darf man nie vergessen, was vielen Pkw-Fahrern aber überhaupt nicht bewusst ist: Lkw haben einen viel längeren Bremsweg als normale Autos."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort