Vorsitzender des Domkapitels im GA-Interview Norbert Feldhoff: "Wir suchen keine exotische Type"

KÖLN · Am 12. Februar jährt sich die Amtseinführung von Joachim Kardinal Meisner in Köln zum 25. Mal. Der Erzbischof erwartet nach eigenen Angaben rund um diesen Termin, dass der Vatikan sein Rücktrittsgesuch annimmt. Über die Vakanz und die Wahl eines neuen Kölner Erzbischofs sprachen mit dem Vorsitzenden des Domkapitels, Norbert Feldhoff, Bernd Eyermann und Raimund Neuß.

Wissen Sie schon, wann Meisners Amtszeit genau zu Ende ist?
Norbert Feldhoff: Nein. Die Römer bestehen darauf, dass sie den Termin festlegen. Mit der Bekanntgabe irgendwann um 12 Uhr mittags ist die Amtszeit von Kardinal Meisner zu Ende.

Wie geht es dann weiter?
Feldhoff: Noch am selben Tag treffen sich die zwölf in Köln residierenden Domkapitulare zur ersten Sitzung. Unser Ziel ist, an dem Tag auch schon den Diözesan-Administrator zu wählen.

Welche Aufgabe hat er?
Feldhoff: Er leitet für die Zeit der Vakanz das Erzbistum unter der Maßgabe: "Nichts Neues darf gemacht werden." Er darf nur Routinearbeiten fortsetzen, kann zum Beispiel keine Pfarrer ernennen.

Wer wird Diözesan-Administrator?
Feldhoff: Es muss ein Priester sein. Wahrscheinlich einer aus dem Domkapitel. Das wäre praktisch, weil er sich nicht einarbeiten müsste, sondern die Verwaltung einfach weiterführen könnte. Während der Vakanz 1988 hatte der dienstälteste Weihbischof Hubert Luthe diese Aufgabe inne.

Kann man die Wahl eines neuen Erzbischofs mit der des Papstes vergleichen?
Feldhoff: Die alte Wahlordnung von 1987 war inspiriert von der Papstwahlordnung.

Inwieweit?
Feldhoff: Wir hatten eine unbegrenzte Anzahl an Wahlgängen, brauchten aber immer eine absolute Mehrheit. Das hat sich als unpraktisch erwiesen.

Was war das Problem?
Feldhoff: Für alle Wahlen in der Kirche lautet die Regel: Das Wahlrecht gilt nur für drei Monate. 1988 haben wir es nicht geschafft, in diesen drei Monaten einen Kandidaten mit einer absoluten Mehrheit zu wählen. Dadurch hatten wir unser Wahlrecht verwirkt. Nach dem Kirchenrecht hätte der Papst deshalb den Erzbischof von Köln frei ernennen können. Doch das stand im Widerspruch zum Konkordat, das vorsieht, dass der Erzbischof gewählt werden muss. Die Lösung war die Änderung des Wahlrechts durch den Vatikan.

Meisner hatte eine Mehrheit, nur nicht die absolute?
Feldhoff: Darüber darf ich nichts sagen, aber er ist eindeutig richtig gewählt worden.

Woran lag es denn, dass sich das Domkapitel nicht auf einen Kandidaten einigen konnte?
Feldhoff: Bei Wahlen im politischen Raum werden Kandidaten ausgesucht von denen, die wählen. Das ist bei uns nicht der Fall gewesen. Auf der anderen Seite sind wir dem Gewissen verpflichtet, den zu wählen, von dem wir der Meinung sind: Den kann ich wählen.

Im Konklave heißt es immer, der Heilige Geist sorgt schließlich für die richtige Wahl. Der hat also 1988 in Köln nicht geweht.
Feldhoff: Am Ende schon.

Wie wird denn nun der neue Erzbischof gewählt?
Feldhoff: Bei der zweiten Sitzung des Domkapitels spätestens acht Tage nach dem Ende von Meisners Amtszeit kommen alle 15 Domkapitulare, also auch die drei nicht in Köln tätigen, zusammen und beginnen damit, Namensvorschläge zu machen.

Kann sonst noch jemand Vorschläge machen?
Feldhoff: Alle sogenannten preußischen Bischöfe. Also jene aus Trier, Aachen, Essen, Münster, Paderborn, Osnabrück, Hamburg, Hildesheim, Erfurt, Magdeburg, Berlin, Görlitz, Dresden-Meißen, Fulda und Limburg.

Wie viele Vorschläge werden Sie machen?
Feldhoff: Wir bekommen später aus Rom drei Vorschläge zurück, also ist es sinnvoll, drei Namen zu nennen. Ich rechne damit, dass wir drei oder vier Sitzungen brauchen, bis wir die Namen haben. Unser Ziel ist, eine einvernehmliche Lösung zu bekommen.

Sprechen Sie denn im Vorfeld mit den Kandidaten?
Feldhoff: Nein. Das gehört zur Geheimhaltung.

Nach welchen Kriterien werden geeignete Kandidaten ausgesucht?
Feldhoff: Über Namen haben wir im Domkapitel noch nicht gesprochen, wohl aber darüber, was auf den neuen Erzbischof zukommt. Er muss zum Beispiel einen neuen Personalplan aufstellen, sprich: das Problem klären, wie mit immer weniger Priestern die Gemeinden versorgt werden können. Da überlegt man schon, wer könnte an so eine Aufgabe glaubwürdig und vertrauensvoll herangehen. Wir suchen keine exotische Type. Es muss einer sein, der den pastoralen Anforderungen in unserem Bistum gerecht werden kann.

Die sechs prominenten Kölner Katholiken, die sich vor Wochen zu Wort gemeldet hatten, sprachen davon, der neue Erzbischof solle das Rheinland verstehen. Was halten Sie davon?
Feldhoff: Wer den Karnevalsgottesdienst des Kardinals gesehen hat, der weiß, dass er als Schlesier sich hier durchaus eingefunden hat. Ich behaupte ja immer: Wenn es einem Düsseldorfer gelingt, sich hier in Köln einzuleben, gelingt das auch einem aus Hamburg oder Bayern.

Wie betrachtet das Domkapitel die Bestrebungen der sogenannten Kölner Kircheninitiative, dass die Gläubigen ein Mitspracherecht bei der Bischofswahl haben sollen?
Feldhoff: Ich kann noch nicht sagen, was wir machen. Ich kann aber darauf verweisen, dass im Februar 1988 in einer Kölner Zeitung darüber berichtet wurde, dass das Kapitel 1987 eine Umfrage unter 200 Gläubigen gemacht hat.

Das heißt, auch diesmal wird das Kapitel wieder Gläubige befragen, wen sie sich als Erzbischof wünschen?
Feldhoff: Mehr sage ich Ihnen dazu nicht.

Wo suchen Sie?
Feldhoff: Wir schauen uns im gesamten deutschsprachigen Raum um. Man sollte sich mal die Kölner Wahlen im 20. Jahrhundert ansehen. Ein einziges Mal ist einer gewählt worden, der früher nicht Bischof war, und ein einziges Mal einer, der direkt aus dem Erzbistum Köln kam. Frings war die einzige Doppelausnahme. Alle anderen waren vorher irgendwo anders Bischof. Meistens ist es so, dass die großen Bistümer der Welt, und Köln gehört dazu, mit Bischöfen besetzt werden, die sich vorher schon bewährt haben.

Als Kandidat gilt der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki. Er kommt aus Köln, war hier früher Weihbischof. Dann hätte er demnach keine Chance.
Feldhoff: Der ist Bischof in einem anderen Bistum. Schauen Sie sich die Person Julius Döpfner an. Der war schon als 34-Jähriger Bischof von Würzburg, wurde dann Bischof von Berlin und später Erzbischof von München und Freising. Man kann das Karriere nennen, man kann aber auch sagen, dass er in seinen Aufgaben gewachsen ist. Das sind normale Lebensläufe.

Was passiert im Vatikan mit den Vorschlägen?
Feldhoff: Die Vorschläge gehen an den päpstlichen Nuntius in Berlin. Der befragt zu jedem Kandidaten eine Reihe von Personen. Priester, Bischöfe, Laien - Menschen, von denen er glaubt, dass sie beurteilen können, ob der oder der Kandidat geeignet ist, Erzbischof von Köln zu werden. Er bewertet diese Antworten und schickt die gesamte Kandidatenliste mit seiner Gewichtung nach Rom.

Und dann?
Feldhoff: Die Liste geht an die Bischofskongregation, die ein paarmal im Jahr in Rom tagt und dann auch darüber berät, wen sie aus diesem Pool dem Papst vorschlägt, damit er drei Namen nach Köln schickt. Der Papst kann uns aber auch andere Namen schicken. Er ist da völlig frei.

Könnte es denn sein, dass der Papst genau Ihre drei Vorschläge zurückschickt?
Feldhoff: Darauf hoffen wir. Wenn wir Franziskus richtig verstanden haben, liegt ihm viel an einer Stärkung der Ortskirchen, dann nimmt er solche Vorschläge auch ernst.

Wie lange dauert das Verfahren?
Feldhoff: Das weiß ich nicht. Der Papst will, dass es schneller als bisher geht. Aber es kann sich durchaus bis in den Herbst hinziehen, bis wir die drei Namen aus Rom bekommen.

Wenn Sie die Namen haben, kann es aber schnell gehen?
Feldhoff: Völlig richtig. Wenn unsere Liste zurückkäme, dann muss das in einer oder in zwei Sitzungen klappen. Das Statut sieht für die beiden ersten Wahlgänge die absolute Mehrheit vor. Im dritten Wahlgang stehen nur noch zwei Kandidaten zur Wahl. Da ist die absolute Mehrheit erforderlich, in einem vierten nur noch die relative. Deshalb ist ein Vorgang wie 1988 ausgeschlossen.

Und wenn Sie sich entschieden haben?
Feldhoff: Wenn ein Kandidat gewählt ist, müssen wir ihn fragen, ob er bereit ist, die Wahl anzunehmen. Wenn er zustimmt, müssen wir die Landesregierungen in Düsseldorf und Mainz fragen, ob sie politische Bedenken gegen den Gewählten haben. Dann wird der Vatikan informiert, und Rom legt fest, wann der Name des neuen Bischofs verkündet wird. Und zu dem Zeitpunkt läutet der Decke Pitter.

Können Sie sich vorstellen, dass Menschen an diesem doch etwas antiquiert wirkenden Wahlverfahren Anstoß nehmen?
Feldhoff: Ich habe Verständnis, wenn Menschen sagen, es sollte eine breitere Bischofswahl geben. Nur man sollte sich auch nichts vormachen: Für die Kurie in Rom sind wir mit unserem Wahlrecht ein Stachel im Fleisch. In 99 Prozent der Bistümer in der Welt entscheidet Rom frei.

Zur Person

Der 74-jährige Norbert Feldhoff ist seit neun Jahren Dompropst, also Hausherr im Kölner Dom und Chef aller dort angestellten Mitarbeiter. Von 1975 bis Mai 2004 war Feldhoff, ein gebürtiger Düsseldorfer, Generalvikar, somit Finanz- und Verwaltungschef des Erzbistums Köln. Er wurde 1965 zum Priester geweiht und war von 1969 bis 1975 Erzbischöflicher Kaplan bei Joseph Kardinal Höffner, demzufolge dessen engster Mitarbeiter.

Das Domkapitel

Das Kölner Domkapitel, das den Erzbischof wählt, besteht derzeit aus 15 Priestern. Ein Platz im Kapitel ist nicht besetzt. Der Vorsitzende, Dompropst Norbert Feldhoff, und Prälat Robert Kümpel sind die einzigen, die schon bei der Meisner-Wahl 1988 dabei waren. Darüber hinaus wird das Domkapitel gebildet von: Domdechant Robert Kleine, den Weihbischöfen Manfred Melzer, Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff, dem Leiter des Erzbischöflichen Gerichts, Günter Assenmacher, Generalvikar Stefan Heße, dem Regens des Priesterseminars, Markus Hofmann, Künstlerseelsorger Josef Sauerborn sowie den Leitern der Hauptabteilungen Schule/Hochschule im Generalvikariat, Gerd Bachner, und Seelsorge, Hans-Josef Radermacher. Nicht in Köln residierende Domkapitulare sind der Düsseldorfer Stadtdechant Rolf Steinhäuser, der frühere Rhein-Sieg-Kreisdechant Anno Burghof und der Leverkusener Stadtdechant Heinz-Peter Teller.

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