Kölner Silvesternacht Massiver Streit um Bericht zur Silvesternacht

Düsseldorf · Der Bericht zur Kölner Silvesternacht entfacht einen Konflikt im Düsseldorfer Landtag. CDU und FDP werfen SPD und Grünen vor, ihnen sei es vor allem um die Verteidigung ihres Innenministers gegangen.

 Landtagsdebatte: CDU-Chef Armin Laschet richtet Vorwürfe an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Landtagsdebatte: CDU-Chef Armin Laschet richtet Vorwürfe an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Foto: dpa

Zensur, Vertuschung, fehlender Aufklärungswille, Indiskretionen: Nach dem Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Kölner Silvesternacht 2015/16 im Düsseldorfer Landtag haben sich Regierung und Opposition gegenseitig massiv kritisiert. Es sei Rot-Grün vor allem um die Verteidigung von Innenminister Ralf Jäger (SPD) gegangen, sagte Ina Scharrenbach, CDU-Obfrau im Untersuchungsausschuss, am Mittwoch in einer Landtagsdebatte zu dem Bericht.

Immer, wenn es um Fehler von Landesregierung oder Landesbehörden ging, hätten NRW-Regierung und die sie tragenden Fraktionen „nicht auf der Seite der Aufklärung“ gestanden, kritisierte Scharrenbach. Zentrale Sätze hätten SPD und Grüne mit ihrer Regierungsmehrheit aus dem Bericht gestrichen. Politik müsse Probleme lösen, der Innenminister sei aber „Teil des Problems“ geworden. Für die FDP warf Innenexperte Marc Lürbke SPD und Grünen Zensur vor. Sie hätten „unbequeme Ergebnisse“ aus dem Abschlussbericht entfernt, Landesbehörden und Innenministerium einen „Persilschein“ ausgestellt.

Piraten-Obfrau Simone Brand sagte, Vertuschungsvorwürfe gegen die rot-grüne Regierung hätten sich nicht bewahrheitet. Es sei richtig gewesen, die Frauen aus Rücksichtnahme nicht persönlich im Ausschuss zu befragen. Man habe sich aber insgesamt zu wenig mit den Opfern befasst.

Grünen-Politiker Matthi Bolte betonte, es sei viel zu lange darum gegangen: „Wer hat wann was gesagt – oder: Wer hat wann mit wem telefoniert.“ CDU, FDP, aber auch der Ausschussvorsitzende Peter Biesenbach hätten sich kaum für die zentrale Frage interessiert, wie sexualisierte Gewalt gegen Frauen sich künftig verhindern lasse. SPD-Obmann Hans-Willi Körfges zufolge gehört zu den wichtigen Erkenntnissen des Ausschusses, dass die Zahl der Taten und auch ihre Intensität sich erheblich hätten reduzieren lassen, wenn die Polizei rechtzeitig eingeschritten wäre.

Viele Fehler auf 1400 Seiten

Der Untersuchungsausschuss hatte kürzlich seinen Bericht vorgestellt, der auf fast 1400 Seiten viele Fehler auflistet – besonders bei Kölner Polizei- und Ordnungsbehörden. Die massenhaften Übergriffe auf Frauen seien durch mangelhafte Führung, Kooperation und Kommunikation bei der Polizei und anderen Behörden begünstigt worden. Aber auch schlechte Koordination und Kommunikation mit Landes- und Bundespolizei hätten dazu beigetragen, dass es am Hauptbahnhof zu einer bis dahin in Europa unbekannten Verbrechensdimension kam. Kritische Anmerkungen zur Organisationsverantwortung von Jäger finden sich nur im Sondervotum von CDU und FDP.

Einige Stunden zuvor, in der Aktuellen Stunde zum Fall Amri, hatte CDU-Oppositionsführer Armin Laschet der Landesregierung schon vorgehalten, in der Inneren Sicherheit nach dem Motto „verharmlosen, verbergen, vertuschen“ zu handeln. Dass der von der Regierung beauftragte externe Gutachter einen Ruf an eine NRW-Uni erhalten habe, hätte die rot-grüne Landesregierung Laschet zufolge nicht verschweigen dürfen. SPD-Fraktionschef Norbert Römer wiederum warf seinem Kontrahenten von der CDU „aggressive Rücksichtslosigkeit“ vor. Nur SPD und Grüne hätten versucht, ernsthafte Aufklärungsarbeit in Sachen Amri zu leisten, so Römer. Was FDP-Mann Stamp so sehr provozierte, dass er Römer seinerseits „unglaubliche Anmaßung“ und „Arroganz“ vorwarf.

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