Neu im Kino Zwei Brüder auf großer Tour

Bonn · Lars Eidinger und Bjarne Mädel glänzen in Markus Gollers Film „25 km/h“: Zwei Hauptdarsteller, die wie füreinander geschaffen sind.

 Unterwegs: Lars Eidinger als Christian (links) und Bjarne Mädel als Georg in „25 km/h“. FOTO: DPA

Unterwegs: Lars Eidinger als Christian (links) und Bjarne Mädel als Georg in „25 km/h“. FOTO: DPA

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Nur mal schnell den Vater beerdigen und dann wieder zurück nach Singapur, wo die großen Geschäfte warten – so hat sich das Christian (Lars Eidinger) eigentlich vorgestellt. Als er dann schließlich zu spät auf dem Friedhof ankommt und mitten in die Grabrede seines Bruders Georg (Bjarne Mädel) reinplatzt, sagt der: „So geht das einfach nicht“ und verkloppt den Spätheimkehrer erst einmal. Christian ist damals einfach abgehauen, hat Karriere gemacht, die Welt bereist und sich nie wieder zu Hause blicken lassen. Georg hingegen blieb in der schwäbischen Provinz zurück, wo er als Tischler arbeitet und den Vater bis zum Schluss gepflegt hat. Alles sei kleiner als in seiner Erinnerung, sagt Christian, als er das Elternhaus betritt. Auch mit ein paar Schnäpsen schafft er es nicht, den beleidigten Georg aus der Reserve zu locken. Aber dann geht er hoch auf den Dachboden, der seinerzeit als Refugium diente. Sogar die Tischtennisplatte steht noch da.

Widerwillig lässt sich Georg zu einem Spiel überreden. Im alkoholisierten Match wird jene Jungenhaftigkeit wieder erweckt, die die beiden Brüder einmal verbunden hat. Als der Ball wegrollt, finden sie auf der Unterseite der Platte einen Plan, den sie als Jugendliche einmal geschmiedet haben: Mit dem Mofa sollte es vom Löchinger Dorfbrunnen zum Timmendorfer Strand gehen. Die alte Zündapp und das frisierte Mofa mit dem Chopper-Lenker stehen noch im Schuppen und so geht es noch in derselben Nacht los Richtung Norden mit der titelgebenden Höchstgeschwindigkeit.

Lockere Abfolge von Abenteuern

Wie schon in seinem Debütfilm „Friendship“ und der Romanverfilmung „Simpel“ schickt Regisseur Markus Goller auch in „25 km/h“ zwei Protagonisten zur gemeinsamen Selbstfindung auf die Straße. Mit einer lockeren und unterhaltsamen Abfolge von Abenteuern, in deren Verlauf die Reisenden zu sich selbst und zueinander finden, folgt „25 km/h“ gängigen Genrerezepturen. Ein badisches Weinfest mit Flirtoptionen, ein Hippiefestival mit spiritueller Horizonterweiterung und ein Tischtennisspiel mit fatalen Folgewirkungen gehören zum komödiantischen Erlebnis-Parcours. Dazwischen stellen die Brüder sich selbst und ihre Lebensentwürfe infrage, und diese nachdenklichen Momente sind mehr als nur ein Alibi auf dem Weg zum nächsten Gag.

Hier bewährt sich, dass Goller mit Eidinger und Mädel zwei Schauspieler zusammenführt, die solchen Szenen mehr Gewicht verleihen können, als es das Drehbuch vorgibt. Wenn die Brüder einen Abstecher nach Berlin machen, um Christians Sohn ausfindig zu machen, der seinen Vater nie kennengelernt hat, findet der Film genau den richtigen Ton, um nicht in die Kitschfalle zu tappen. Aber auch die weiblichen Nebenrollen wurden mit Jördis Triebel, Franka Potente, Alexandra Maria Lara und Jella Haase hochwertig besetzt, was diesen ausgewiesenen Jungsfilm immer wieder in die richtige Balance bringt. „25 km/h“ hat etwas, was man in deutschen Feel-Good-Movies oft schmerzlich vermisst: eine unaufgesetzte Leichtigkeit im Umgang mit den Höhen und Tiefen des Lebens und dazu zwei Hauptdarsteller, die wie füreinander geschaffen sind.

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