BAP-Sänger Wolfgang Niedecken im Interview Wieso ein Nicht-Beethovenkenner den Beethovenpreis gewinnt

Bonn · Mit dem Werk des Komponisten Beethoven kennt sich der BAP-Sänger Wolfgang Niedecken nicht wirklich aus. Im Interview spricht der Beethovenpreisträger über Engagement und das Repertoire des Klassikers Beethoven.

Ein Beethoven-Preis für Wolfgang Niedecken. Wie war die erste Reaktion des Kölner Pop-Poeten auf diese Nachricht?

Wolfgang Niedecken: Ich war doch sehr verwundert. Bei einem Beethoven-Preis geht man davon aus, dass da jemand für seine Fähigkeiten im Bereich der klassischen Musik ausgezeichnet wird. Einen Rockmusiker als Preisträger würde man eher nicht erwarten.

Es geht in der Begründung ganz konkret um „Niedeckens Engagement gegen Armut, Atomwaffen, Atomenergie, gegen Rechts und für Gerechtigkeit“.

Niedecken: Das macht die Sache plausibler, klar. Die Kampagne „Arsch huh“ ist seit 25 Jahren bundesweit bekannt, und das Projekt „Rebound“ wird im kommenden Jahr zehn Jahre alt.

Mit „Rebound“ engagieren Sie sich für die Integration ehemaliger Kindersoldaten in Afrika. Wie sieht die Situation aktuell in Ihren Projekten im Kongo aus?

Niedecken: Die Gesamtsituation ist mehr als angespannt. Wir haben im Nordosten des Kongo zwei Projekte in Beni und in Butembo. Vor einigen Tagen wurden bei einem Anschlag dort von Milizen mindestens 14 Blauhelmsoldaten getötet, nur 45 Kilometer von Beni entfernt.

Um welchen Konflikt geht es?

Niedecken: Die längst überfälligen Wahlen stehen bevor, es kämpfen die unterschiedlichsten Milizen, die sich die Konfliktparteien bei Bedarf sogar mieten können – je nachdem, welches politische oder wirtschaftliche Ziel man verfolgt. In diesem konkreten Fall von Beni waren es die Mai-Mai-Milizen, die alle Menschen aus ihrem Land vertreiben wollen, die ihrer Ansicht nach dort nicht hingehören.

Wie kann ein Wolfgang Niedecken dort ehemaligen Kindersoldaten helfen?

Niedecken: Zunächst versuche ich, für unsere Projekte das nötige Geld aufzutreiben. Wir unterhalten dort eine Art Berufsschule. Kindersoldaten, die fliehen konnten, bringen wir in Gastfamilien unter. Die betroffenen Jungen und Mädchen können dann unsere Einrichtungen besuchen, dort lesen, schreiben und rechnen lernen. Und sie können ein Handwerk erlernen, unter anderem Schreiner, Schneider oder Automechaniker.

Wie geht die Ausbildung weiter?

Niedecken: Nach neun Monaten erhalten die Teilnehmer die nötige Starthilfe, um sich selbstständig zu machen. So gibt es kleine Gruppen von jungen Schreinern, die über die Dörfer gehen und ihre Handwerksdienste anbieten. Sie bauen Stühle, Tische, Fenster.

Die Beethoven Academy hat erklärt, mit Niedecken werde „ein Musiker im Geiste Beethovens“ geehrt. Sind Sie sich dessen bewusst?

Niedecken: Ich kenne mich bei Beethoven nicht so gut aus, um das differenziert belegen zu können. Doch wie ich gehört habe, muss der Beethoven auch einer gewesen sein, den man schlecht einplanen konnte, der sich nicht gern instrumentalisieren ließ.

Was genau haben Sie da gehört?

Niedecken: Von Beethoven ist ein Satz überliefert, nämlich: „Für die Schweine spiele ich nicht!“ Das gefällt mir sehr.

Wie fit sind Sie im Repertoire des Klassikers?

Niedecken: Überhaupt nicht fit. Ich bin bei diesem Thema absoluter Laie, und ich werde den Teufel tun, mir eine Scheinkompetenz anzumaßen. Man kann sich mit mir gern über die Stones, die Beatles und Bob Dylan unterhalten. Auf diesem Gebiet weiß ich viel und kann mich auch kompetent streiten. Aber Beethoven? Ich kenne die „Schicksalssymphonie“, „Freude schöner Götterfunken“, die „Mondscheinsonate“ und „Für Elise“. Also bitte keine Fachfragen.

Sind Sie offen für einen Beethoven-Tipp?

Niedecken: Aber klar doch.

„Missa solemnis“ ist eine sehr schöne Messe.

Niedecken: „Missa solemnis“ – schon notiert!

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