Musik in der Bundeskunsthalle und Kreuzkirche Weltklasse beim Beethovenfest

Bonn · Bariton Christian Gerhaher und sein Klavierpartner Gernold Huber haben im Forum der Bundeskunsthalle ihren Liederabend gegeben. Das Orchester l'arte del mondo spielte in der Kreuzkirche.

 Dream Team des Liedgesangs: Bariton Christian Gerhaher und Pianist Gerold Huber im Forum der Bundeskunsthalle.

Dream Team des Liedgesangs: Bariton Christian Gerhaher und Pianist Gerold Huber im Forum der Bundeskunsthalle.

Foto: .Barbara Frommann/Barbara Frommann

Die Reihen waren dicht besetzt, als der Bariton Christian Gerhaher und sein langjähriger Klavierpartner Gernold Huber im Forum der Bundeskunsthalle beim Beethovenfest ihren Liederabend gaben. Zum Glück war angesichts der akustischen Verhältnisse bis ganz vorne bestuhlt und der Flügel auf ein resonierendes Podest platziert worden. Anders als im "Liszt-Laboratorium" am Sonntag. In den vorderen Reihen war jedenfalls jedes Wort, jede noch so leise Silbe bestens zu hören.

Der erfahrene, vollkommen unprätentiös auftretende Bariton von Weltniveau hatte sich mit dem nicht weniger gefragten Pianisten ein ziemlich schwieriges und ausgefallenes Programm ausgesucht. In zwei Stunden breiteten beide Künstler eine riesige Palette von Empfindsamkeiten aus, die einmal mehr Dichtung und Musik in ihrer emotionalen Tiefe aufleuchten ließen.

Gerhaher hat die großen Opernpartien auf der ganzen Welt gesungen, gilt aber als Spezialist in Sachen Liedgesang; seine Bandbreite an dynamischen Farben, sein vollkommen entspannter Umgang mit der Stimme in den verschiedenen Registern ist mehr als eindrucksvoll, seine Kunst des Sprechens und musikalischen Ausschöpfen der sinngebenden Worte geradezu vorbildlich. Dabei nahm er sich als Person hinter der Musik von Benjamin Britten, Johannes Brahms und Modest Mussorgsky vollkommen zurück, um die allein durch Wort und Klang getragene Fallhöhe wirken zu lassen.

In Brittens Auswahl aus "Purcells Realizations" war das Original durch die Tonsprache Brittens stets durchzuhören: Vibratofrei gesungen und mit Koloraturen als Girlanden der Renaissance verziert. Eindringlich war nicht zuletzt die Wirkung der "Songs and Proverbs" of William Blake op. 74, die ein Wechselbad der Gefühle auslösten. Die Brahmsvertonungen, "ausgewählte Lieder", pflegten einerseits den Volkston als Miniaturen, andererseits den überhöht empfindsamen, romantischen Gestus, der etwa in "An eine Äolsharfe" oder "Todessehnen" tief berührte.

Modest Mussorgskys "Lieder und Tänze des Todes" aus den Jahren 1875/77, auf russischer Sprache, glasklar artikuliert, bestachen mit ihrem Reichtum an emotionaler Stimmungsschwankung, mitunter grotesk und aufgewühlt und großartig dramaturgisch angelegt. Dem begeisterten Applaus, durchsetzt mit Bravo-Rufen, folgten zwei Volksliedbearbeitungen von Britten als Zugabe. Felicitats Zink

Konzert in der Kreuzkirche

Auf den Spuren der Kölner Kurfürsten wandelte das Orchester l'arte del mondo bei seinem Konzert in der Kreuzkirche. Seinerzeit war das Veranstalten von Konzerten, die Pflege eines lebendigen Musiklebens oder das Erteilen von Kompositionsaufträgen nicht dem gemeinen Volk, sondern dem Regenten vorbehalten. In Bonn entfalteten die kurkölnischen Fürsten ein ziemlich reges Musikleben, das nicht zuletzt die Förderung von musikalischen Talenten umfasste, aber auch die Unterhaltung einer Hofkapelle zur Gestaltung von repräsentativen Anlässen, regelmäßigen Konzerten und festlichen Hochämtern.

Viele der Bonner Hofmusiker stammten aus anderen Ländern, etwa Italien, woher auch einer der seinerzeit prominentesten Kapellmeister der Bonner Kurfürsten kam: Andrea Lucchesi. Anton Reicha war einer der Schüler Lucchesis und spielte in der Kreuzkirche natürlich auch eine Rolle, neben Namen wie Paul Wineberger, Andreas Romberg, Joseph Reicha oder Vincenzo Righini - alle heutzutage zumeist vergessen, damals angesagte Komponisten, die ihr Handwerk zumindest zum Teil am Bonner Hofe lernten.

Das Konzert von l'arte del mondo glich somit auch etwas einer Musikgeschichtsstunde, allerdings einer höchst vergnüglichen. Die Kreuzkirche hatte man zu diesem Zweck aufwendig umgestaltet und beispielsweise die Seitenschiffe mit dunklen Tüchern abgehängt. Akustisch schien das nicht von Nachteil zu sein, dämpfte es doch den Hall und sorgte für ein transparentes Klangbild im immer noch groß klingenden Kirchenraum. Mit Winebergers Sinfonie G-Dur eröffnete das unter Leitung von Werner Ehrhard spielende Orchester den Abend überaus spielfreudig, anschließend gab es Anton Reichas "Scène italienne" für Tenor und Orchester, mit geschmeidigem und wohltimbrierten Tenor gesungen von Georg Poplutz, der im zweiten Teil außerdem noch Righinis Arie "Rasserena i vaghi" aus dem Singspiel "Enea nel Lazio" beisteuerte.

Dass dem Orchester auch ganz formidable Solisten angehören, zeigten Emilio Percan und Catherine Jones in Rombergs Sinfonia Concertante für Violine, Violoncello und Orchester (B. 49), Jones zudem noch mit dem ersten Satz aus Joseph Reichas Konzert für Violoncello und Orchester D-Dur. Und zu guterletzt gab es auch eine Sinfonie von Wolfgang Amadeus Mozart zu hören, der wurde nämlich auch am Bonner Hofe gerne gespielt. Mit der Sinfonie Nr. 33 (KV 319) zeigten l'arte del mondo und Werner Ehrhardt, dass das zweifellos seinen Grund hatte, so frisch und elanvoll wie diese Musik hier klang. Guido Krawinkel

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