Museum in Köln Wallraf-Richartz-Museum zeigt neue Barock-Ausstellung

Köln · Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum sortiert seine Barockabteilung neu und zeigt die Ausstellung „Sonntag des Lebens – Lifestyle im Barock“.

 Familienporträt: Jacob Toorenvliets Gemälde „Die Familie Dirck Toorenvliet“, 1687/1694. FOTO: MUSEUM

Familienporträt: Jacob Toorenvliets Gemälde „Die Familie Dirck Toorenvliet“, 1687/1694. FOTO: MUSEUM

Foto: Wallraf

Der Mann gefällt sich selbst: „Der Blick leicht von oben verleiht mir trotz meiner jungen Jahre Autorität. Die leichte Drehung, die lockere Frisur, alles sieht so unangestrengt, so mühelos aus.“ Kaum hat Everhard Jabach IV. mit 18 das väterliche Bankgeschäft in Köln übernommen, sitzt er 1636 schon Anthonis van Dyck in London Modell – mit elegant hinter dem Rücken ruhender rechter Hand.

Als Leihgabe aus Antwerpener Privatbesitz bereichert dieses Porträt nun die Wallraf-Schau „Sonntag des Lebens – Lifestyle im Barock“. Eine kleine, aber feine Parade selten gezeigter Werke, mit der Kuratorin Anja Sevcik die Zeit der rauschenden Roben und gepuderten Perücken ganz nah an unsere Selfie-Gegenwart heranholt.

Sevcik legt den Dargestellten ihre eigenen lebhaften Texte in den Mund, die freilich durch Tagebücher, Reiseberichte und einen kunsthistorisch geschulten Blick prinzipiell beglaubigt sind.

Für Jabach, der in Köln Rubens' „Kreuzigung Petri“ in Auftrag gab, war Kunst Teil des Netzwerkens bis in königliche Kreise. Hier sieht man neben van Dycks Werk zwei Porträts von Peter Lely, der den feinsinnigen Kaufmann als schicken Unternehmer und noblen Weltbürger zeigt. Mit rüstigen 70 Jahren ließ er sich von Hyacinthe Rigaud malen, dem auch Ludwig XIV. vertraute.

Neue Geschichten ausgegraben

Barock-Chefin Sevcik findet es „reizvoll, in der Sammlung nach Geschichten zu graben“. Etwa jene von Magdalena Stockmans. Eine Amsterdamer Schönheit, um die der glühend verliebte Poet Bredero vergebens warb. Jacob van Loo malte sie freilich nicht in der Blüte ihrer Jahre, sondern kurz vor ihrem Tod: von privaten Tragödien gezeichnet, aber gleichwohl mit majestätischer Grandezza. Kein Geringerer als Tintoretto porträtierte den venezianischen Diplomaten Paolo Tiepolo – nach einer herben Niederlage. Dass er gerade das Amt des Dogen verpasst hatte, sieht man dem noblen Herrn nur am Feuermal auf der Stirn an. Es symbolisiert wohl den Schandfleck, mit dem ein Vorfahre die Ehre der Sippe beschädigt hatte.

Familienbilder von Jacob Toorenvliet oder Jan Mijtens spiegeln Karrieren, die in Batavia (Jakarta) begründet und in den Niederlanden fortgesetzt wurden. Den Statusstolz spiegeln Wappen, Schmuck und nicht zuletzt vornehm ausstaffierte Kinder.

Der Marquise de Soucarières freilich käme dies alles wohl ärmlich vor. Mit perlenbesetztem Brokatkleid, pelzgefüttertem Cape, wachsbleichem Teint und knalligem Rouge posiert sie vor der Staffelei von Nicolas de Largillière, neben ihr der schwarze Page, dessen vornehme Kleidung so gar nicht zum Eisenring des Sklaven passt. Dekadenz pur.

Die Brücke zu den Narzissten der Gegenwart schlägt im Wallraf ein gülden gerahmter Selfie-Spiegel und das geistreiche Hochglanzmagazin „Baroque“ (fünf Euro) im Modegazettenstil. Es enthält damalige „It-Pieces“ für sie (edle Perlen) und „Must Haves“ für ihn (Tonpfeife und Tabakdöschen), ein köstliches Interview mit Yilmaz Dziewior oder die Top Ten der Barockmusik von Louwrens Langevoort.

Barocker Lifestyle im topmodernen Layout, das vermeintlich Verstaubtes taufrisch macht. So wecken Magazin wie Schau rege Vorfreude auf die Neupräsentation der Barocksammlung. Zum Jahresende soll sie fertig sein.

Wallraf-Richartz-Museum, Köln; Bis 30. Juni 2019, Di-So 10-18. www.wallraf.museum

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