Ausstellung in Bundeskunsthalle Vorläufiges Ende einer Odyssee

Bonn · Von Jena nach Bonn: Erstes Werk der Ferdinand-Hodler-Schau wurde in der Bundeskunsthalle ausgepackt. Großformat musste erst gründlich analysiert werden, bevor es grünes Licht für den Transport gab.

 Ferdinand Hodlers Gemälde „Auszug deutscher Studenten in den Freiheitskrieg von 1813“ aus der der Aula der Universität Jena.

Ferdinand Hodlers Gemälde „Auszug deutscher Studenten in den Freiheitskrieg von 1813“ aus der der Aula der Universität Jena.

Foto: Universität Jena

Es hing offenbar am seidenen Faden, ob das Gemälde aus der Friedrich-Schiller-Universität in Jena hätte reisen dürfen. Schon Bundeskunsthallenintendant Rein Wolfs hatte sich kaum getraut, eine Anfrage nach dem Bild „Auszug der deutschen Studenten in den Freiheitskrieg von 1813“ von Ferdinand Hodler (1853-1918) zu stellen, ein 3,5 mal 5,4 Meter messendes Riesenformat, das in den vergangenen 65 Jahren die Jenaer Uni nicht verlassen hat.

Die Bonner Ausstellungskuratorin Angelika Francke wollte das Werk unbedingt für die Hodler-Retrospektive haben, die ab 8. September in der Bundeskunsthalle zu sehen ist. Hodler ist ein hochinteressanter, eigenwilliger Vertreter der frühen Moderne. Als „Schweizer Bergmaler, Nationalkünstler, Symbolist oder Jugendstilist“ ist er bezeichnet worden, er hat pathetische Bergpanoramen und Historienbilder gemalt, kernige Alpenbauern und Freiheitshelden – das Ganze aber in einem sehr modernen, hellen Kolorit und durchaus moderner Bilddramaturgie.

Verletzungen auf der Malschicht

Die Restauratoren Gina Grond und Thomas Zirlewagen mussten erst auf den Beginn der Semesterferien warten, um das Gemälde in der Aula gründlich untersuchen und – wie von Bonn aus erhofft – grünes Licht für den Transport geben zu können. „Das Anfang der 1970er Jahre letztmals restaurierte Bild war im guten Zustand“, erzählt der Restaurator, „aber wir wussten nicht, wie die Rückseite aussieht“.

„Mit einem Gerüstwagen mussten wir es aus der Nische befreien, das Bild war dort eingeklemmt, nicht befestigt“, schildert Kollegin Grond die ersten Schritte. Das Bild wurde auf den Boden gelegt, eine Woche lang genau untersucht. Spuren der letzten Restaurierung fielen auf, „die Malschicht hatte gewisse Verletzungen“, räumt Zirlewagen ein.

Vor dem Ersten Weltkrieg war das Werk wiederholt ausgeliehen worden, musste dafür vom Rahmen genommen und aufgerollt werden. Eine Prozedur, die dem Jenaer Werk nun erneut bevorstand, jedoch auf höchstem konservatorischem Standard. Hodlers Großformat wurde behutsam und abgepolstert auf eine Rolle vom Durchmesser 1,5 Meter gerollt, in eine zusätzliche Kiste gepackt und vor wenigen Tagen nach Bonn gefahren.

Jetzt steht es als erstes Werk der Hodler-Schau in der großen, leeren Halle. Auch in der Ausstellung soll es dann auf dem Boden stehen. Genau so, als Gegenüber, habe Hodler es angelegt, sagt Francke.

Schweizer malt deutsches Nationalthema

Spannend findet Wolfs die historisch-politische Komponente. Schon als der Schweizer 1907 den Auftrag von der Uni Jena bekam, gab es Ärger. Manchen Kritikern war Hodlers Malweise zu modern, andere meinten, nur ein deutscher Künstler könne ein deutsches Nationalthema auf die Leinwand bringen.

In zwei Registern ist die Geschichte im Bild angelegt: Unten sieht man, wie sich die Studenten in Soldaten „verwandeln“, oben Marschierende. Als Hodler sich nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs einem Appell gegen den Vandalismus der deutschen Truppen insbesondere in Belgien – Stichwort: Brandschatzung der Bibliothek von Löwen – anschloss, fiel er in Ungnade. Und das Jenaer Bild verschwand bis 1918 hinter einer Bretterwand.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort