Glosse zu Antony und Anonhi Neuer Name, neues Geschlecht

Meinung · Antony, Popstar mit engelhafter Stimme, heißt nun Anonhi, und sie hat ein neues Album aufgenommen. „Hopelessness“ erscheint am 6. Mai. Eine Glosse.

David Bowie hat 1974, lange vor den akademischen Segnungen der Gender-Studien, in dem Song „Rebel Rebel“ die Verwirrung einer Mutter thematisiert. Bowie sang: „You've got your mother in a whirl / She's not sure if you're a boy or a girl / Hey baby, your hair's alright / Hey babe, let's stay out tonight.“ Die Mutter ist vollkommen durcheinander, weil sie nicht mehr weiß, ob ihr Kind ein Junge oder ein Mädchen ist.

Der englische Sänger Antony Hegarty wusste schon früh, wer er war. Das Gefühl, als Frau im Körper eines Mannes zu leben, drückte der 1971 in Chichester geborene Sänger mit fiebriger Intensität in dem Lied „Today I Am A Boy“ aus: „One day I'll grow up, I'll be a beautiful woman / One day I'll grow up, I'll be a beautiful girl“, heißt es in dem Song. Und: „But for today I am a child, for today I am a boy.“

Das war 2005. Jetzt ist es passiert, die Wirklichkeit ahmt die Kunst nach. Antony heißt nun Anonhi, und sie hat ein neues Album aufgenommen. „Hopelessness“ erscheint am 6. Mai. Anonhi, die sich ebenso leidenschaftlich mit Geschlechteridentitätsfragen wie mit der bedrohten Zukunft des Planeten Erde beschäftigt, lässt Kammermusik und Balladen hinter sich. „Hopelessness“ geht tanzen. „Ich wollte einen überschäumenden und zugleich galvanisierenden Sound haben“, hat Anonhi dem Magazin „Musikexpress“ gesagt. „Dance hat Kraft. Es ist zeitgemäß. Sinfonische Klänge sind nicht sonderlich zeitgemäß.“

Früher bei Antony hatte man immer wieder einmal das Gefühl, ein Außerirdischer sei auf der Erde gelandet und mache nun Musik: so schön wie nicht von dieser Welt. Lou Reed entdeckte etwas Engelhaftes in Antony und seiner Liedkunst. Elektronische Tanzmusik hat er bereits 2008 zusammen mit dem Musikprojekt „Hercules And Love Affair“ des New Yorker DJs Andrew Butler ausprobiert. Jetzt wandelt Anonhi auf diesem Pfad weiter. Das Video zum Song „Drone Bomb Me“ – Regie: Nabil Elderkin , Hauptdarstellerin: Naomi Campbell – lässt Großes vom neuen Album „Hopelessness“ erwarten. „Drone Bomb Me“ ist eine elegische, dramatisch sich steigernde Miniatur voller gewalttätiger Bilder: vier Minuten düstere Magie.

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