Interview zum Film "Ben is back" Julia Roberts: "Drogensucht geht uns alle an"

Bonn · Der Hollywoodstar über die schwierige Rolle als Mutter eines Drogenabhängigen in Peter Hedges neuem Film, der an diesem Donnerstag in die Kinos kommt.

In „Ben Is Back“ spielen Sie eine Mutter, deren Liebe zu ihrem drogensüchtigen Sohn auf eine harte Probe gestellt wird. Was hat Sie an dieser Rolle gereizt?

Julia Roberts: Drogensucht ist etwas, das uns alle angeht. Der Film zeigt sehr genau, dass dieses Problem nicht nur die Abhängigen selbst betrifft, sondern ihr gesamtes Umfeld: die Geschwister, die Mutter, der Stiefvater – alle sind involviert und suchen verzweifelt nach Lösungen. Der Film verweist auf die komplexe, menschliche Seite eines Problems, das zumeist nur in Statistiken und Zahlen wahrgenommen wird. Das, was in diesem Film geschieht, passiert überall im Land. Drogenabhängigkeit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Hollys bedingungslose Liebe zu ihrem Sohn stellt auch die Beziehungen zu ihrer Tochter und ihrem Ehemann infrage. Wo sind die Grenzen ihrer Mutterliebe?

Roberts: Hollys Liebe zu ihrem Sohn gehorcht nicht den Gesetzen der Logik. Ihre Mutterliebe folgt nicht irgendwelchen Abwägungen. Sie denkt nicht darüber nach, was sie für ihren Sohn opfert und wer darunter leiden könnte. Diese Art von Logik existiert nicht in der Gedankenwelt, in der sie sich bewegt.

Lieben Mütter ihre Kinder kompromissloser als Väter, oder ist das nur ein Klischee?

Roberts: Diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich war ja bisher noch nie ein Vater. Ich glaube, das hängt eher von der eigenen Persönlichkeit ab. Vergebung ist ein sehr schwieriges und komplexes Gefühl. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass Wunden verheilen und man wieder nach vorne denken und gehen kann. Aber nicht jeder ist in der Lage, zu vergeben.

Wie schwierig war es für Sie, sich in diese hochemotionale Situation einzufinden?

Roberts: Diese Rolle war im Prinzip nicht schwieriger als andere Rollen, die ich gespielt habe. Das Wichtigste war, dass ich schnell eine direkte Verbindung zu Lukas Hedges, der im Film meinen Sohn spielt, herstellen konnte. Das hat mir sehr geholfen diese Art von kämpferischen Muttergefühlen zu entwickeln. Der Film verdichtet die Geschichte dieser Familie ja auf ein Erzählfenster von 24 Stunden. Dadurch sieht man die Gefühle der Figuren, was sie durchmachen und mit welchen Herausforderungen sie plötzlich konfrontiert werden, fast in Echtzeit.

Der Film sucht in dieser Weihnachtsnacht die Verantwortlichen und Mitschuldigen nicht nur im kriminellen, sondern auch im bürgerlichen Milieu...

Roberts: Der Teufel hat nicht immer eine Mistgabel in der Hand und man weiß nie, was sich hinter den Fenstern mit all der hübschen Weihnachtsbeleuchtung verbirgt. Von dem Arzt, der viel zu freizügig mit Rezepten umgeht und dadurch Bens Sucht in Gang setzt, bis hin zum Dealer, der Ben als Drogenkurier benutzt – es gibt viele unverantwortliche Menschen, die am Schicksal eines Drogensüchtigen mitschuldig sind.

Werden die betroffenen Familien in den USA vom Staat im Stich gelassen?

Roberts: Eine der wirklich innovativen und guten Ideen von „Obama Care“ war, dass eine Infrastruktur geschaffen wurde, um Menschen zu helfen, die Drogenprobleme haben. Die Betroffenen konnten in eine Entzugsklinik gehen und die Kosten sollten von der Krankenversicherung übernommen werden. Aber es dauerte nicht lange, bis aus dieser guten Idee ein Geschäft gemacht wurde. Die Hilfsbedürftigen wurden zum Spielball der Profitinteressen von der Pharmaindustrie und vielen anderen, die an ihnen mitverdienen wollten. Diese Entwicklung hat mich zutiefst schockiert. Endlich gab es eine Möglichkeit, diesen Menschen zu helfen, und sie wurde systematisch aus reiner Profitgier zerstört.

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