Bonner Investor zieht sich zurück Was der Abschied für Frank Thelen und „die Löwen“ bedeutet

Bonn · Nach sechs Staffeln zieht sich der Bonner Investor Frank Thelen aus der Gründershow „Die Höhle der Löwen“ zurück, obwohl diese noch immer ein Millionen-Publikum erreicht. Der Abschied ist gut für ihn, aber schlecht für die Sendung.

Frank Thelen verlässt „Die Höhle der Löwen“.

Frank Thelen verlässt „Die Höhle der Löwen“.

Foto: VOX / Bernd-Michael Maurer

Im Internet kursiert ein Video über Frank Thelen mit dem Titel „Keine Ahnung“. Es ist ein Zusammenschnitt aus mehreren Sendungen „Die Höhle der Löwen“ (DHDL), in dem der Investor Dinge benennt, mit denen er sich nicht auskennt: Nähen, Staubsaugen, Gartenarbeit, Wärmflaschen, Frauenkleider, Kaiserschnitte, Klöster und Mönche.

Das Video dauert nur 1:19 Minuten, aber es verdeutlicht gut, warum sich Frank Thelen nach sechs Staffeln als Investor aus dem Erfolgsformat bei Vox zurückzieht: Es passt einfach nicht. Denn der Bonner steckt sein Geld als Start-up-Investor außerhalb der Sendung in Flug-Taxis und Krypto-Plattformen, doch die tauchen in dem Vox-Format nicht auf. Trotz eines Millionen-Publikums macht er daher nach der sechsten Staffel Schluss. Fünf Gründe, warum ihm der Schritt deutlich weniger schaden dürfte als dem Vox-Format:

1. Frank Thelen ist auf die Plattform DHDL nicht mehr angewiesen

Als „Die Höhle der Löwen“ 2014 startete, war Thelen ziemlich unbekannt. DHDL war ein Sprungbrett, das er optimal genutzt hat. Heute folgen Thelen Tausende in den sozialen Netzwerken: Bei Linkedin sind es mehr als 165.000 Menschen, bei Instagram 125.000 und knapp 40.000 bei Twitter – herausragende Werte für jemanden aus der Wirtschaft. Zum Vergleich: Joe Kaeser, Chef des Weltkonzerns Siemens, kommt bei Linkedin auf knapp 55.000, bei Twitter auf knapp 30.000. Zuletzt hat der Bonner außerdem damit begonnen, Videos für Youtube zu produzieren und einen Podcast aufzunehmen. Seine Biografie „Start-up-DNA“ hat sich besser verkauft als die von Sportstars wie Boris Becker oder Lukas Podolski.

2. Thelen wird auch ohne DHDL in die Medien drängen

Durch seinen Ausstieg bei „Die Höhle der Löwen“ verliert Thelen seine größte Plattform, über die ihn während der Staffeln wöchentlich knapp drei Millionen Zuschauer pro Folge sahen. Doch der Selbstvermarkter Thelen hat das Spielfeld Fernsehen für sich längst verbreitert – etwa mit Auftritten in Talk-Sendungen wie „Hart aber fair“, „Markus Lanz“ oder „Maischberger“. Via Linkedin hat er bereits angekündigt, dass weiterhin Fernsehauftritte geplant sind. Hinzu kommen zahlreiche Auftritte bei Veranstaltungen und Konferenzen, die sich Thelen gut bezahlen lässt. Bis zu 25.000 Euro soll er laut Branchenkennern pro Vortrag nehmen. Thelen wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern.

3. Aus Unternehmer-Sicht haben sich viel e DHDL-Deals nicht gelohnt

In bislang sechs Staffeln war Thelen dabei, schaute sich die Präsentationen von Gründern an – und investierte. In den ersten fünf Staffeln stieg er bei 14 Unternehmen ein, einige weitere „Deals“ platzten nach der Ausstrahlung. Die Bilanz fällt durchwachsen aus. Während sich Lebensmittel-Start-ups wie Ankerkraut beispielsweise erfolgreich entwickelten, mussten mit Crispy Wallet, Meine-Spielzeugkiste oder Fittaste gleich mehrere Beteiligungen Insolvenz anmelden. Auch der Modehändler von Floerke schlitterte in die Krise. Sein Ziel, 2018 mit den acht Lebensmittel-Start-ups im Portfolio seiner Investmentgesellschaft Freigeist 100 Millionen Euro Umsatz zu erzielen, hat Thelen verfehlt. Nun soll es 2020 soweit sein. In der aktuellen Staffel hat sich Thelen bislang spürbar zurückgehalten. Bei lediglich zwei Unternehmen („Deine Studienfinanzierung“ und die Schnittmuster-App „Pattarina“) wollte er investieren, ließ jedoch beide Geschäfte nach Abschluss der Dreharbeiten platzen.

4. Für DHDL wird Thelens Rücktritt zum Image-Problem

Mit Thelen verlässt der einzige Investor die Sendung, der einen echten Start-up-Hintergrund hat. Kein Wunder: Die Sendung erreicht zwar ein breites Publikum, funktioniert aber inzwischen eher als Werbeveranstaltung für Konsumgüter mit oft geringer Halbwertszeit. Das könnte für DHDL zum Glaubwürdigkeitsproblem werden.

Thelen wünscht sich mehr Auftritte von herausragenden Köpfen aus der Start-up-Szene, so wie es beim US-Vorbild „Shark Tank“ üblich sei. Bei Vox reagiert man verhalten. „Mit welcher Investoren-Runde wir in die siebte Staffel gehen und ob es sonst Änderungen am Format gibt, geben wir rechtzeitig bekannt“, sagt ein Sprecher. Und auch in der Start-up-Szene scheint die Neigung, bei der Sendung mitzumachen, nicht besonders groß zu sein. Jörg Binnenbrücker vom Kölner Risikokapitalgeber Capnamic winkt auf Anfrage ab, kein Interesse. Auch in Hamburg ist man wenig euphorisch.

Es sei toll, welche Aufmerksamkeit die Sendung für das Thema Start-ups in einer breiten Öffentlichkeit generiert habe, sagt Florian Heinemann, Partner beim bekannten deutschen Venture-Capital-Geber Projekt A. Teilnehmen möchte er aber nicht: „Ich habe einen Vollzeit-Tagesjob, der mich mehr als ausfüllt. Und fairerweise sind die Überschneidungen bei den Start-ups, die in der Sendung pitchen und denen, die für ein Investment von Project A infrage kommen, recht überschaubar.“ Ähnlich sieht das Marie-Helene Ametsreiter, Partnerin beim Risikokapitalgeber Speedinvest, die bereits in Österreich ähnliche Erfahrungen beim DHDL-Klon „Zwei Minuten, zwei Millionen“ gemacht hat.

5. Das Format „Die Höhle der Löwen“ hat seinen Zenit überschritten

In der Geschichte des Senders Vox hat es nie zuvor eine erfolgreichere Eigenproduktion gegeben als DHDL, diese Mischung aus Tele-Shopping und Wirtschaftsgrundkurs. Die Zuschauerzahlen stiegen von Staffel zu Staffel an, ein Preis nach dem anderen wurde der Sendung verliehen. Doch zuletzt ging die Zahl der Zuschauer (wenn auch auf hohem Niveau) zurück, auch der Marktanteil sank auf den schwächsten Wert seit 2015. Vielleicht hat auch Thelen gemerkt, dass die Sendung ihren Zenit überschritten hat.

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