Konzert in der Veltins Arena Guns n' Roses begeistern in Gelsenkirchen

GELSENKIRCHEN · Mehr als 41.500 Zuschauer lassen sich von Guns n' Roses in der Veltins Arena in Gelsenkirchen in die 90er Jahre versetzen. Ein beeindruckender Auftritt, der technische Problemchen vergessen lässt.

Konzert in der Veltins Arena: Guns n' Roses begeistern in Gelsenkirchen
Foto: Simon Bartsch

Totenköpfe, flankiert von roten Rosen und rauchenden Revolvern auf den T-Shirts, bunte Bandanas, sogar Jeanswesten mit Aufnähern – zugegeben, für Außenstehende ein modischer Fehlgriff, für die 41.500 Fans in der Veltins Arena in Gelsenkirchen ein Muss auf der Zeitreise in die 90er Jahre. Viele von ihnen haben ein Vierteljahrhundert auf diesen Moment gewartet. Guns n' Roses ist zurück auf der Bühne - die einstigen Streithähne Axl Rose, Slash und Duff Mckagan sind wieder vereint. So scheint es jedenfalls, denn so richtig mag man dem Bild noch nicht trauen. Schließlich haben Axl Rose und Slash immer wieder betont, in diesem Leben nicht mehr gemeinsam aufzutreten. Daher rührt auch der Tour-Name "Not in this Lifetime".

Da steht die Frontline der Gunners also um kurz vor 23 Uhr: Arm in Arm. Rose mit rotem Bademantel, Slash und Duff Schweiß gebadet, lachend, befreit. Der Moment ist rührend - so als sei nie etwas gewesen, als habe es keinen Streit gegeben. Hat es aber. Mehr als 20 Jahre hatten sich die GNR-Gründungsmitglieder Slash und Axl Rose nichts mehr zu sagen. Über die gemeinsame Zeit wolle man nicht reden, hieß es in Interviews. Eine Reunion ausgeschlossen. Während Slash und Mckagan ihre eigene Karriere vorantrieben, wartete Rose mit ständigen neuen Besetzungen der Band auf. An eine erfolgreiche Fortsetzung war nicht zu denken. Bis 2016. Dann gab es sie doch, die Wiedervereinigung.

Und als wollten die Protagonisten zeigen, wie einfach so eine Streitschlichtung dann doch manchmal sein kann, startet die Band um kurz vor 20 Uhr mit dem Klassiker „It’s so easy“. Die Arena ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht annähernd gefüllt, die Anreise im Berufsverkehr im Ruhrgebiet ist nun mal ausbaufähig. Das gilt auch für den Sound, der schon die Fans beim Konzert in Berlin in Aufruhr versetzt hat. In Gelsenkirchen bekommen die Tontechniker die Probleme weitestgehend in den Griff. Und spätestens nachdem Axl Rose in gewohnt kreischender Manier mit der Frage „You know where you are?“ den Song „Welcome to the Jungle“ einleitet, haben die Gunners ihre Fans wieder zurückgewonnen.

In der fast 30 Songs umfassenden Setlist spielt die Band ihre größten Hits, allen voran von den Erfolgsalben „Appetite for Destruction“ und „Use your Illusion“. Axl Rose sieht man die Eskapaden der Vergangenheit deutlich an. Er ist in die breite geraten, sein Gesicht wirkt aufgedunsen. Doch von seinen einstigen Diven-Allüren keine Spur. Er hat Spaß, spielt mit dem Publikum, lacht.

Bei seinem Outfit mit Cowboyhut, zerrissenen Designerjeans und seltsamen T-Shirtdruck möchte man ihm einen Modeberater zur Seite stellen. Immerhin trägt er nicht mehr die Radfahr-Shorts wie in den 90er Jahren. Doch musikalisch erfüllt er sein Soll. Ab und an versagt die Stimme, manchmal die Technik. Hin und wieder ist sein Gekreische nicht zu verstehen. Doch das ist den Fans egal. Sie können sogar mit seinem immer noch gewöhnungsbedürftigen Hüftschwung leben.

Slash bleibt seiner Linie treu. Mit Zylinder, Les Paul und lockiger Mähne wirbelt er über die Bühne. Dass er seit mehr als 15 Jahren einen Herzschrittmacher trägt? Egal. Der 52-Jährige ist die Seele von Guns n‘ Roses und begeistert das Publikum nach wie vor. So leitet er mit einem atemberaubenden Solo zunächst die legendäre Melodie von „Der Pate“ ein, bevor er das Anfangsriff von „Sweet child o‘ mine“ auf die Seiten hämmert und damit die Arena endgültig zum Kochen bringt. Immer wieder hat man das Gefühl, dass die Band nie weggewesen sei. Etwa bei „Civil War“ oder „You could be mine“. Routiniert spielen die Rockstars ihr Repertoire hinunter. Ein Höhepunkt ist die Interpretation von „Black Hole Sun“ - eine Hommage an den verstorbenen Soundgarden-Frontsänger Chris Cornell. Natürlich dürfen die größten Erfolge der Band „Knockin‘ on Heavensdoor“, „November Rain“ und „Live and let die“ nicht fehlen.

Bei ihrem Deutschland-Comeback vor gut einem Jahr in München war Axl Rose und Slash eine gewisse Anspannung anzumerken. Die beiden überließen sich regelrecht die Bühne, als wären die Laufwege vertraglich festgelegt. Das Verhältnis scheint sich gelockert zu haben. Man merkt den Mitfünzigern den Spaß auf der Bühne an. Allen voran beim großen Finale. Bei „Paradise City“ wächst die Band noch einmal über sich hinaus. Nach gut drei Stunden endet das Spektakel. Die Streithähne Arm in Arm, lächelnd – it’s so easy.

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