Weniger Galerien Gallery Weekend in Berlin - Sorge um Standort

Berlin · Fluoreszierende Algen, ein fliegendes Auto oder auf den Boden geklebte Kaugummis: Beim Berliner Gallery Weekend gibt es viel zu entdecken.

 Frauenfiguren der britischen Künstlerin Rebecca Ackroyd bei Peres Projects in Berlin.

Frauenfiguren der britischen Künstlerin Rebecca Ackroyd bei Peres Projects in Berlin.

Foto: Christoph Soeder

Nach der Art Cologne geht es in Berlin hochkarätig weiter: Bei der 14. Ausgabe des Gallery Weekend laden in der Hauptstadt von Freitag an 47 Galerien zu ihrer Ausstellung des Jahres. Auch zahlreiche Initiativen, Kunsträume und Museen bieten ein besonderes Programm.

"Das Gallery Weekend ist eigentlich wie ein großes, frei zugängliches Museum über die ganze Stadt verteilt", sagt Direktorin Maike Cruse der Deutschen Presse-Agentur. "Die hohe Qualität ist das Geheimnis des Erfolgs."

Zu sehen sind international renommierte Aushängeschilder wie Kara Walker, Hans-Peter Feldmann, Los Carpinteros, General Idea oder Lawrence Weiner, aber auch zahlreiche Neuentdeckungen und vielversprechende Newcomer.

Berlin gilt mit rund 8000 professionellen Künstlern nach New York als der weltweit wichtigste Produktionsstandort für Gegenwartskunst. Welchen Stellenwert die Stadt inzwischen in der internationalen Kunstszene hat, zeigt auch die Konferenz "Art Leader Network", zu der die "New York Times" erstmals aus Anlass des Gallery Weekends lud.

Am Mittwoch und Donnerstag berieten führende Experten und "Influencer" über die Herausforderungen des Kunstmarkts. Viele von ihnen dürften die Chance nutzen, am Wochenende in der Stadt zu bleiben. Insgesamt werden bis zu 30 000 Besucher erwartet. Rund 2000 Menschen sind als VIP-Gäste geladen.

Zu den Hotspots gehört etwa die Galerie Alexander Levy, in der Julius von Bismarck den gesamten Fußboden in ein Laufband verwandelt. Bei Peres Projects zeigt die Britin Rebecca Ackroyd unter dem Titel "The Mulch" verstörende Frauenfiguren aus Gips und blutroter Farbe. Und bei Dittrich & Schlechtriem setzt Andreas Greiner ein Wasserbecken durch Klang in Bewegung.

Als besondere Adresse gilt traditionell auch die König Galerie in der ehemaligen Kirche St. Agnes. Die Schweizer Künstlerin Claudia Comte hat für den Hauptraum einen riesigen, von der Decke schwebenden Wald geschaffen. Und Konrad Fischer stellt schon vor dem eigentlichen Umbau sein künftiges Galeriegebäude vor - das denkmalgeschützte ehemalige Umspannwerk an der Neuen Grünstraße.

Auch wenn die Galeristen ihr kommerziell erfolgreichstes Wochenende erwarten, sehen sie mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Nach Angaben von Werner Tammen, dem Vorsitzenden des Landesverbands Berliner Galerien, ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Galerien stadtweit von fast 400 auf nur noch gut 300 gesunken.

"Die deutschen Galerien haben vor allem wegen der unseligen Mehrwertsteuer grundsätzlich einen Standortnachteil. Und das schlägt vor allem bei den jungen, mittelständischen Unternehmen durch", sagt Tammen. Er appelliert an die Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellte Verbesserung schnellstmöglich umzusetzen. "Da muss etwas passieren. Die Politik ist gefordert, den Standort im Auge zu behalten."

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