Dirigent, Intendant und Umweltaktivist Enoch zu Guttenberg ist gestorben

München/Guttenberg · Der Dirigent Enoch zu Guttenberg, Vater des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg, ist mit 71 Jahren gestorben. In der an schillernden Persönlichkeiten reichen deutschen Musiklandschaft war er noch einmal etwas ganz Besonderes.

 Enoch zu Guttenberg dirigiert 2010 Verdis Requiem im Vatikan.

Enoch zu Guttenberg dirigiert 2010 Verdis Requiem im Vatikan.

Foto: dpa

„Dirigent, Intendant, Umweltschützer“ betitelte Enoch zu Guttenberg seine 2011 erschienene Autobiografie, womit sein ausladender Wirkungskreis schon sehr gut umschrieben ist. Und er war in allem, was er tat, ein Kämpfer: Für die Umwelt, für die Festspiele auf Herrenchiemsee, die er seit 2000 leitete, und für seine Musikensembles. Am Freitagmorgen ist Enoch zu Guttenberg im Alter von 71 Jahren in München gestorben.

Geboren wurde er am 29. Juli 1946 im oberfränkischen Guttenberg nahe Kulmbach als Nachfahre eines dort seit dem 12. Jahrhundert ansässigen Adelsgeschlechts und einer bis heute sehr wohlhabenden Familie, deren starkes politisches Engagement über Generationen hinweg auffällig ist. Der Vater des Dirigenten, Karl Theodor, gehörte als führender CSU-Außenpolitiker zu den entschiedensten Gegnern von Willy Brandts Ostpolitik, der Sohn gleichen Namens brachte es zum Verteidigungsminister. Zur prägenden Familiengeschichte gehört auch, dass Enochs Onkel Karl Ludwig zu Guttenberg als Widerstandskämpfer in den letzten Kriegstagen von den Schergen des Reichssicherheitshauptamts ermordet wurde.

Enoch zu Guttenbergs musikalische Laufbahn begann in dem kleinen Ort Neubeuern. Als 21-Jähriger pendelte er regelmäßig zwischen München, wo er Komposition studierte, und Salzburg, wo er am Mozarteum das Handwerk des Dirigenten erlernte. „Ich war damals in ein Mädchen verliebt, das in Neubeuern zur Schule ging“, erinnerte er sich im vergangenen Jahr in einem Gespräch mit dieser Zeitung, „ein Ort, von dem ich nicht einmal wusste, dass es ihn gibt.“

Weil er sich dort regelmäßig aufhielt, kamen bald Pfarrer und Bürgermeister auf ihn zu und fragten, ob er nicht die Leitung der Liedertafel übernehmen könne. Er nahm das Angebot an, und aus der Liedertafel wurde die Chorgemeinschaft Neubeuern. Dass er mit diesen Sängerinnen und Sängern einmal die weltweit bedeutendsten Säle erobern würde, wie den Wiener Musikverein, die New Yorker Carnegie Hall oder das Concertgebouw in Amsterdam, erschien ihm ein Leben lang wie ein Wunder.

Mit Beethoven intensiv beschäftigt

Seit 1997 leitete er zudem das Orchester der KlangVerwaltung. Zwei Ensembles, mit denen er seine Musikphilosophie, in der das Werk Bachs eine besondere Rolle einnahm, in idealer Weise verwirklichen konnte. Auch mit Beethoven beschäftigte er sich intensiv, dessen „Missa solemnis“ er 2006 beim Beethovenfest in Bonn aufführte.

Im Jahr 2010 dirigierte er im Vatikan zu Ehren von Papst Benedikt XVI. das Requiem von Giuseppe Verdi. Mit dem vormaligen Kurienkardinal Joseph Ratzinger hatte zu Guttenberg aber nicht nur positive Erfahrungen gemacht. Nachdem er 1975 zusammen mit Bernhard Grzimek und anderen den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegründet hatte, wollte er auch die Kirche als Mitstreiterin für die Bewahrung der Schöpfung gewinnen. Doch Ratzinger ging auf Distanz: Rom sei gerade erst mit dem Fall Galilei fertig, da wolle man nicht schon wieder mit etwas Neuem anfangen.

Als entschiedener und bis zuletzt ex-trem aktiver und streitbarer Gegner der Windenergie überwarf sich zu Guttenberg später jedoch mit dem BUND. Die vom BUND protegierte Technologie zerstöre seiner Ansicht nach Landschaften und richte in der Vogelwelt riesige Schäden an. Von „Blutstrom“ sprach zu Guttenberg einmal.

Auf die Frage, was ihn aus der Sicht des Naturschützers zuletzt am meisten entsetzt habe, antwortete der Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse vor einem Jahr: „Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten.“

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