99 Luftballons über den USA "Ballon-Mädel" Nena in New York

New York · 1983 eroberten "99 Luftballons" die US-Charts. Mehr als 30 Jahre später ist Nena nun zum ersten Mal auf Amerika-Tournee - inklusive Familie, Überraschungsgästen und vor allem natürlich dem Song, der sie in den USA zum ewigen "Ballon-Mädel" gemacht hat.

 Eine Leuchtreklame wirbt für den Auftritt von Nena in New York.

Eine Leuchtreklame wirbt für den Auftritt von Nena in New York.

Foto: Christina Horsten

"99 Luftballons über Amerika" steht auf der Leuchttafel an einer Konzerthalle am New Yorker Times Square. "Deutschlands Rock-Königin ist endlich hier." Am Ticketschalter stehen zwei deutsche Touristinnen. "Nena für 35 Dollar? Komm, das machen wir. Ich lade dich ein."

Drinnen schüttelt der Mann an der Garderobe den Kopf. "Bis heute wusste ich nicht, wer das ist", sagt der New Yorker, während er Taschen und Mäntel verstaut. "Ich weiß nur, dass es hier normalerweise deutlich voller ist."

1992 sei er geboren, sagt er noch - rund zehn Jahre nachdem Nena mit "99 Luftballons" einen Welthit feierte. In den USA schaffte es der Song - als einer der ganz wenigen deutschsprachigen - 1983 auf Platz zwei der Charts, hinter Van Halens "Jump". Bis heute gehört das Lied zu den bekanntesten deutschen Liedern in der englischsprachigen Welt.

"Überall auf der Welt" sei sie danach auf Tour gewesen, sagt Nena - nur in den USA bislang nicht. Warum, das kann sie sich auch nicht so richtig erklären. Mehr als 30 Jahre nach dem Erfolg der "99 Luftballons" hat Nena das nun nachgeholt, war in San Francisco und Los Angeles und feierte am Dienstagabend in New York den Abschluss ihrer Mini-US-Tournee.

Mit einem "Hallo, ihr wunderbaren Menschen!" begrüßt die 56 Jahre alte Nena, die mit bürgerlichem Namen Gabriele Susanne Kerner heißt, die rund 2000 jubelnden Menschen im nur etwa zur Hälfte gefüllten Saal. Viele Zuschauer haben sich verkleidet - etwa mit pinkfarbener Brille, blonder Haartolle oder schwarzen Hotpants -, haben Nena-Shirts an, ihre Kinder und Luftballons dabei. Die überwiegende Mehrheit ist deutsch. "Wer hier spricht Deutsch?", ruft Nena, die sich in den USA selbst zum "Ballon-Mädel" erklärt hat, ins Publikum - und fast alle Hände fliegen in die Höhe. Eine Gruppe Fans hat sogar die Fahne von Hagen dabei, der Heimatstadt der Sängerin.

Rund 90 Minuten lang bietet Nena das volle Programm: Fetzt im schwarzglitzrigen Paillettenanzug über die Bühne, als wäre es doch noch 1983, flirtet mit der ersten Reihe und lässt sich nur von den Wachmännern davon abhalten, die Menschen dort noch weiter nach vorne zu holen ("Die Sicherheitsbeschränkungen in New York sind sehr strikt. Das ist sehr anders.").

Später meditiert sie eine Minute lang mit dem Publikum. "Das war die beste Meditation aller Zeiten. Es war so still. Sonst schreit immer irgendjemand - aber das hier ist New York." Rapper Samy Deluxe ("Mach Lärm, New York!") und ihren früheren Keyboarder aus "Luftballon"-Zeiten, Jörn-Uwe Fahrenkrog-Petersen, holt sie als Überraschungsgäste auf die Bühne. Drumherum singt sie alle ihre - in den USA nahezu unbekannten - Hits von "Nur geträumt" über "Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann" bis "Leuchtturm". "Ich schätze mal, den nächsten Song kennt ihr alle", sagt Nena kurz vor dem Ende des Konzerts. "Er heißt "99 Luftballons"." Da fangen dann auch die Menschen auf den Sitzplätzen an zu tanzen.

Wegen diesem Lied sei er angereist, sagt ein Mann aus Philadelphia. "Ich kann mich noch gut an das Video damals erinnern." Wie ihm das Konzert insgesamt gefallen habe? "So lala. Ich bin froh, dass ich da war. Ihr erstes Mal in den USA - das musste ich doch sehen. Aber ich hätte nicht gedacht, dass alles komplett auf Deutsch sein würde." Von den deutschen Besuchern kommen dagegen Kommentare wie "Hammer" und "Sie hat total gerockt!".

Nena selbst scheint an diesem Abend in Glückseligkeit zu schweben. Sichtlich gerührt stellt sie zum Ende des Konzerts noch ihre beiden Background-Sänger vor, ihre 1990 geborenen Zwillinge, die sie inzwischen zur dreifachen Großmutter gemacht haben. "Ich bin also in den letzten Jahren auch noch Oma geworden - und ich liebe es."

"Amerika bedeutet den Deutschen viel, besonders wenn man Musik macht", sagt Nena. Aber sie wolle damit auch "nicht zu ehrgeizig" werden. "Danke euch so sehr, dass ich die Chance bekommen habe, in dieser wunderbaren Stadt zu spielen", sagt sie zum Abschluss. "Ich werde mir die Erinnerung bewahren und allen in Deutschland davon erzählen. Und wir kommen wieder - das steht fest."

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