"Dynamit" Schwere Korruptionsvorwürfe gegen Juan Carlos

Madrid · Jüngst hatte Spaniens Königshaus eine Finanzaffäre überstanden. Nun erschüttert ein neuer Skandal die Monarchie - mit schweren Vorwürfen gegen Altkönig Juan Carlos. Im Zentrum steht eine Deutsche.

 Juan Carlos I., Altkönig von Spanien, 2017 beim europäischen Trauerakt für den Altkanzler Kohl in Straßburg.

Juan Carlos I., Altkönig von Spanien, 2017 beim europäischen Trauerakt für den Altkanzler Kohl in Straßburg.

Foto: Sven Hoppe

Sie ist eine Deutsche mit Wohnsitz in Monaco und besten Beziehungen zu Königshäusern und Konzernchefs. Er ist ein spanischer Kommissar im Ruhestand, der mit schmutzigen Geschäften Millionen gescheffelt haben soll.

Corinna zu Sayn-Wittgenstein und José Manuel Villarejo sind in Spanien derzeit in aller Munde, sie sollen das spanische Königshaus in Not gebracht haben. Die Zeitung "El País" spricht von "Dynamit", Königshaus-Experte Jaime Peñafiel von der "schlimmsten Lage" seit der Wiedereinsetzung der Monarchie im Jahr 1975. "Machen wir uns aufs Schlimmste gefasst", warnt er.

Was ist passiert? Medien hatten vorige Woche Tonaufnahmen eines Gesprächs veröffentlicht, bei dem eine Frau Altkönig Juan Carlos, dem Vater von König Felipe VI., unter anderem Korruption und Geldwäsche vorwirft. Die Stimme soll der Deutschen gehören, die Juan Carlos vor allem zwischen 2006 und 2012 eng verbunden war. Sie war "eine innige Freundin", wie sie es einmal ausdrückte, die auch in geschäftlichen Dingen aushalf. Die Gesprächspartner der Frau auf den Bändern, die angeblich von 2015 stammen, sollen Villarejo und Juan Villalonga, ein Ex-Chef des Telekommunikationskonzerns Telefónica, sein.

Auf den Tonaufnahmen sagt die Frau, Juan Carlos habe bei der Vermittlung von Aufträgen für spanische Firmen im Ausland Schmiergelder in zweistelliger Millionenhöhe kassiert. Der König habe sie zudem als Strohfrau benutzt, um Geld und Vermögen am spanischen Fiskus vorbeizuschleusen.

"Eines Morgens stehst du auf und hast plötzlich ein Grundstück in Marrakesch", sagt die Frauenstimme in den Aufnahmen. Sie äußert die Befürchtung, sie könne der Beihilfe zur Geldwäsche bezichtigt werden, spricht von einem "enormen Albtraum" und beklagt außerdem massive Drohungen seitens des spanischen Geheimdienstes CNI.

Doch sind die Aufnahmen echt, die Stimmen zweifelsfrei identifiziert? Corinna zu Sayn-Wittgenstein gab vergangene Woche eine Erklärung heraus, in der sie die Echtheit der Aufnahmen nicht dementiert. Sie kommentiert den Gesprächsinhalt nicht, beklagt aber, durch die Enthüllungen werde sie in einen Konflikt hineingezogen, mit dem sie nichts zu tun habe.

"Ich habe immer korrekt gehandelt", versichert die vor 53 Jahren in Frankfurt als Corinna Larsen geborene Tochter eines dänischen Airline-Managers und einer Deutschen. Zwischen 2000 und 2005 war sie mit Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein verheiratet. Beruflich hat sie eine Beratungsfirma. Auf Bildern erschien sie nicht nur oft mit Juan Carlos, sondern auch neben den Clintons, neben Ölscheichs, mächtigen Firmenchefs sowie Hollywoodstars und Adligen.

Die nun veröffentlichten Tonaufnahmen, die Villarejo 2015 heimlich bei einem Treffen in London gemacht haben soll, wurden auch von den beiden anderen mutmaßlichen Teilnehmern nicht in Zweifel gezogen. Der Kommissar sitzt seit November 2017 wegen Vorwürfen wie Bandenbildung und Korruption in Untersuchungshaft. Der 66-Jährige soll seit den 1980er Jahren nebenberuflich eine Firma geleitet haben, die im Auftrag zahlungskräftiger Kunden Unternehmer, Journalisten, Politiker, Richter und sogar Mitarbeiter des Geheimdienstes CNI ausspioniert und erpresst haben soll. "El País" schrieb unter Berufung auf die Justiz, Villarejo habe allein zwischen 2013 und 2017 von acht Kunden insgesamt 30 Millionen Euro verlangt.

Der Richter am Nationalen Staatsgerichtshof, der gegen Villarejo in dieser Sache ermittelt, hat Medienberichten zufolge eine Untersuchung der sogenannten Corinna-Tapes eingeleitet und den Ex-Kommissar für Donnerstag zu einer Vernehmung vorgeladen. Spekulationen, Villarejo habe die Aufnahmen Medien gezielt zugespielt, um den Staat, das Königshaus und den CNI einzuschüchtern und sich so selbst zu helfen, wurden von seinen Anwälten dementiert.

Der Skandal ist derweil Wasser auf die Mühlen der Monarchie-Gegner, die sich immer lauter Gehör verschaffen. Linke Fraktionen im Parlament wie Izquierda Unida und Podemos und auch katalanische Separatisten fordern eine eingehende Untersuchung. Eine Petition der Digitalzeitung "Público" für ein Referendum über die Abschaffung der Monarchie wurde innerhalb weniger Tage von knapp 120 000 Menschen unterzeichnet.

Das Königshaus hat schon bessere Zeiten erlebt. Schon die Finanzaffäre um König Felipes Schwager Iñaki Urdangarin, bei der der Ehemann von Infantin Cristina kürzlich zu einer knapp sechsjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, hat dem Image schwer geschadet.

Juan Carlos, der vor gut drei Jahren vor dem Hintergrund einer Skandalserie - darunter eine umstrittene Elefantenjagd - zugunsten seines Sohnes abtrat, muss sich Sorgen machen. Nach seiner Abdankung genießt er zwar noch Sonderrechte, seine Immunität hat er aber verloren. Er könnte also vom Obersten Gericht angeklagt werden.

Das Königshaus hüllt sich in Schweigen. Komisch? Keineswegs, sagte Königshaus-Kenner Peñafiel der Zeitung "El Español": "Wenn man nichts dementieren kann, kann man sich mit jeder Aussage nur selber schaden."

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