Landart-Installation 600 000 Tonskulpturen erinnern an das Kriegsende

600 000 Tonfiguren und 6 000 Boote: Belgien erinnert mit Kunst an das Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren. Eines der größten Werke steht im flämischen Ypern. Dort fanden verheerende Schlachten statt.

 Die Installation des Künstlers Koen Vanmechelen besteht aus 600 000 Tonfiguren, die die Opfer des Ersten Weltkriegs repräsentieren.

Die Installation des Künstlers Koen Vanmechelen besteht aus 600 000 Tonfiguren, die die Opfer des Ersten Weltkriegs repräsentieren.

Foto: Kurt Desplenter

Ypern (dpa) – Ihr Rücken ist gebeugt, sie tragen Metallmarken, auf denen der Name eines Toten steht. 600 000 Tonskulpturen erinnern in der Nähe der belgischen Kleinstadt Ypern daran, dass dort während des Ersten Weltkriegs über eine halbe Million Menschen ums Leben gekommen sind.

"ComingWorldRememberMe" heißt die monumentale Landart-Installation des belgischen Künstlers Koen Vanmechelen. Sie ist eines der Kunst- und Kulturprojekte, mit denen in Belgien an das Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren erinnert wird – und an die Sinnlosigkeit des Blutvergießens.

Soweit das Auge reicht: kleine Tonfiguren, Rücken an Rücken und in der Mitte ein großes aufgesprungenes Bronze-Ei. Vier Jahre hat der Konzeptkünstler an der Installation "ComingWorldRememberMe" (etwa: Kommende Welt erinnere dich an mich) gearbeitet. Geholfen haben ihm dabei Tausende von Menschen. Zwischen 2014 und 2018 beteiligten sich Ateliers in etlichen Ländern an der Herstellung der kleinen Tonfiguren.

Das Engagement der Menschen sei erstaunlich gewesen, sagte der 52-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Man habe Workshops organisiert, vor allem in Belgien, aber auch in Kanada, England und Deutschland.

Auf der Metallmarke der Tonfigur steht nicht nur der Name eines Toten. Auch den Namen desjenigen, der die menschliche Lehm-Gestalt geformt habe, wurde eingraviert. Dadurch würden Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbunden, erklärt Vanmechelen. Oder, wie der Künstler sagt: "Die Zukunft hängt von den vergessenen Erinnerungen ab." Heute gebe es eine Generation, die nicht mehr wisse, was Krieg bedeute.

Die 600 000 Tonfiguren stehen bei Ypern - dort, wo Briten und Franzosen gegen deutsche Truppen kämpften, wo auf den Schlachtfeldern zwischen 1914 und 1918 über eine halbe Million Soldaten fielen und der erste Einsatz von Giftgas stattfand. Am 22. April 1915 gaben die Deutschen den Befehl zum Chlorgas-Angriff. An das Grauen erinnern heute Mahnmale, Soldatenfriedhöfe und das Flanders Fields Museum im Zentrum der Stadt. Dort hat man vor Jahren begonnen, die Namen aller Kriegstoten zu sammeln.

Beim Aufbau des Kunstwerks auf einer über zwei Hektar großen Fläche haben zwischen 4 000 und 5 000 Menschen geholfen. Zwei Monate lang seien etwa 15 000 Tonfiguren täglich platziert worden, bei Regen und Schnee, erzählt Vanmechelen. Bis zum 11. November - das Datum markiert das Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren - kann die Installation nun begangen werden.

In Flandern dient die Erinnerung an den "Großen Krieg" seit langem als Mahnung zum Frieden. In diesem Jahr sind weitere Botschaften geplant, darunter eine Kette von 6 000 kleinen Booten mit Friedensnachrichten auf 27 Kilometern entlang der belgischen Nordseeküste und das Musikfestival "Frieden in der Welt" in Ypern am 25. August.

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