Alternative-Rock in der Domstadt The National spielen im Kölner Palladium

Köln · The National geben im Kölner Palladium vor 4000 hingerissenen Fans ein Konzert. Die Band ist die derzeit wohl wichtigste und größte US-Alternative-Rockcombo.

 Ein Mann ohne Allüren: Matt Berninger von The National bei seinem Kölner Konzert.

Ein Mann ohne Allüren: Matt Berninger von The National bei seinem Kölner Konzert.

Foto: Thomas Brill

Nein, die Arschloch-Nummer nimmt man Matt Berninger dann doch nicht ab. Auch wenn er am Montagabend vehement behauptet, dass er und seine Band von der gesamten Crew, oder zumindest einem großen Teil davon, gehasst werde. Berningers Band, das ist die derzeit wohl wichtigste und größte US-Alternative-Rockcombo namens The National, und diese befindet sich gerade auf triumphaler Europa-Tournee, die sie mal wieder in zahlreiche ausverkaufte Großhallen führt.

Wie etwa ins Kölner Palladium, wo Berninger gegen Ende des regulären Sets am Montag fast schon verzweifelt versucht, seine fiese Seite zu präsentieren.

Da gibt er nämlich seinem Mikrofon samt Ständer einen so beherzten Stoß, dass beides mit einem lauten Knall auf den Bühnenboden aufschlägt. Ohne seinem Malheur eines weiteren Blickes zu würdigen, wendet sich der 48-Jährige davon ab, schließlich weiß er ja, dass nur Augenblicke später ein Crewmitglied zur Stelle sein wird, um alles wieder zurechtzurücken.

Wunderschöne Zeilen über Selbstzweifel und  Scheitern

Bis zu diesem Zeitpunkt hätte man Berninger wohl tatsächlich die Grundarroganz eines Rockstars abkaufen können, wenn er sich nicht sofort mit einem gemurmelten „Sorry“ bei dem armen Laufburschen entschuldigt hätte. Etwas anderes hätte auch nicht wirklich zu den knapp zwei Stunden zuvor gepasst.

Da gibt Berninger nämlich nicht bloß den rastlosen Melancholiker, der in seinem markanten Bariton wunderschöne Zeilen über Selbstzweifel, Scheitern und Verlassen-werden rezitiert und dazu theatralisch gestikuliert, sondern lässt darüber hinaus auch immer wieder den Gentleman raushängen.

Die Sängerinnen Mina Tindle und Kate Stables, die bereits auf dem aktuellen achten Studioalbum „I Am Easy to Find“ eine maßgebliche Rolle spielen, geleitet er in deren Pausen persönlich von der Bühne. Den beiden Gastmusikern an den Bläsern stellt er voller Demut bei deren Soli das Mikrofon auf die richtige Höhe ein.

Und selbst wenn er mal einen halbvollen Bierbecher in Richtung Publikum wirft, wirkt das bei Berninger so behutsam, als wolle er unbedingt vermeiden, etwas vom Inhalt zu verschütten.

Seine Bandkollegen, die Brüderpaare Aaron und Bryce Dessner sowie Bryan und Scott Devendorf, lassen sich von ihrem umtriebigen Frontmann derweil nicht ablenken oder anstecken. Konzentriert und gekonnt sorgen sie dafür, dass die Songs beisammen gehalten werden und alle Anwesenden glücklich und beseelt in der von der Band seit nunmehr 20 Jahren meisterlich transportierten Melancholie, von der etwa auch der ehemalige US-Präsident Barack Obama bekennender Fan ist, schwelgen können.

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