Philharmonia Zürich in Bonn So war das Eröffnungskonzert des Beethovenfests

Bonn · Die Philharmonia Zürich hat unter Leitung von Jukka-Pekka Saraste das Bonner Beethovenfest eröffnet - ein stimmungsvoller, leidenschaftlicher Auftakt. Der finnische Dirigent setzte dabei keineswegs nur auf vordergründige Effekte.

Ein bisschen kurios ist es schon: Zur selben Zeit, in der Cristian Macelaru in Köln sein Einstandskonzert als neuer Chef des WDR Sinfonieorchesters gibt, eröffnet sein Vorgänger Jukka-Pekka Saraste ein paar Kilometer entfernt im World Conference Center Bonn (WCCB) mit der Philharmonia Zürich das Beethovenfest. Mit seinem alten Klangkörper hat Saraste unter anderem einen sehr erfolgreichen Zyklus mit den Sinfonien Ludwig van Beethovens aufgeführt und eingespielt. Natürlich stand ein Werk des Komponisten nun auch beim Bonner Eröffnungskonzert auf dem Programm.

Beethovens sechste Sinfonie, die sogenannte „Pastorale“, zählt in diesem Jahr zu den zentralen Werken des Festivals, das unter dem Motto „Mondschein“ steht. Das Motto ist in erster Linie eine Anspielung auf die „Mondscheinsonate“, doch fasst Beethovenfest-Intendantin Nike Wagner es deutlich weiter. Einbegriffen sind unter anderem stimmungsvolle Naturschilderungen, wie sie eben in der „Pastorale“ zu finden sind.

Um das Rauschen des Bächleins, das Zwitschern der Vögel oder auch den peitschenden Sturm und das Gewittergrollen herauszuarbeiten, ist Saraste mit seinem Gespür für feinste Nuancierungen eine gute Wahl. Doch geht es Saraste um mehr als effektvolle Naturschilderungen. In manchen Teilen der Sinfonie, wie der „Szene am Bach“ wird die Musik zum Psychogramm. Die Philharmonia Zürich verlieh dem Satz eine beinahe mystische Atmosphäre.

Donnernde Pauke, blitzende Piccoloflöte und großer Leidenschaft

Aber natürlich gibt es in diesem Werk, das für Beethoven nach eigenem Bekennen zwar „mehr Ausdruck der Empfindung als Empfindung“ war, ein paar handfeste Stellen, deren plastische Naturschilderungen durchaus illustrativen Charakter haben. Wenn Beethoven etwa am Ende des zweiten Satzes die Holzbläser Vogelstimmen imitieren lässt und „Nachtigall“, „Wachtel“ und „Kuckuck“ ausdrücklich in der Partitur benennt. Und das im vierten Satz beschriebene Gewitter lässt überhaupt gar keinen Zweifel am illustrativen Charakter der Musik, die vom Philharmonia Orchester mit donnernder Pauke, blitzender Piccoloflöte und großer Leidenschaft in Szene gesetzt wurde. Aber selbst hier schwingt immer noch eine andere Ebene mit, die mit ganz existenzieller Furcht zu tun hat. Hier wie auch in den anderen Sätzen überzeugten die Schweizer Musikerinnen und Musiker mit einer schönen Klangkultur.

Saraste ist kein Vertreter der historisch informierten Aufführungspraxis. „Ich war, ehrlich gesagt, ein bisschen müde von den ganzen Experimenten, die man in den letzten Jahren erlebt hat“, sagte er kürzlich dieser Zeitung. Umso gespannter darf man darauf sein, wie die „Pastorale“ dann auf historischen Instrumenten klingt. Das demonstriert am selben Ort am 14. September das britische Orchestra of the Age of Enlightenment unter Leitung von Adam Fischer.

Zum Abschluss Béla Bartóks Tanzpantomime „Der wunderbare Mandarin“

Das Zürcher Orchester ist ein vergleichsweise junges. Die Gründung erfolgte 1985, als das Opernorchester vom Tonhalle-Orchester getrennt und damit zu einem eigenständigen Orchester wurde, das sich seit 2012 Philharmonia Zürich nennt. Nach Bonn kamen sie jetzt auch als Botschafter in Schweizer musikalischen Angelegenheiten. Im Anschluss an die „Pastorale“ spielten sie noch das Concerto für sieben Blasinstrumente, Pauken, Schlagzeug und Streichorchester des in Genf geborenen Komponisten Frank Martin, das man stilistisch eher in den frechen 20er Jahren verorten würde als im tatsächlichen Entstehungsjahr 1949. Dem virtuosen Spiel der vom Publikum gefeierten Solisten zu lauschen, war ein immenses Vergnügen.

Zum Abschluss dirigierte Saraste eine packende Interpretation der Orchestersuite aus Béla Bartóks Tanzpantomime „Der wunderbare Mandarin“. Bartóks Originalstück hat einen etwas unglücklichen Köln-Bezug: Bei seiner Uraufführung 1926 in Köln löste es einen so starken Skandal aus, dass der damalige Oberbürgermeister Konrad Adenauer sich genötigt sah, weitere Aufführungen zu untersagen. An diesem Abend aber war die Geschichte, die von einem Mädchen handelt, das einem Ganoventrio als Lockvogel dient, um liebestolle Freier auszurauben, in einer mitreißenden Interpretation zu erleben. Die rasende Wucht des Beginns verfehlte hier ebenso wenig ihre Wirkung wie die lockenden Rufe der Soloklarinette. Sarastes Leidenschaft für Bartók war bis zum furios gespielten Finale nicht zu überhören. Viel Applaus im nicht ganz voll besetzten Saal.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort