Rezension So klingt Dendemanns Album "da nich für!"

Hamburg · Acht lange Jahre sind seit Dendemanns letztem Album vergangen. Wir verraten, ob sich das Warten auf seine neue Platte gelohnt hat.

Im Hiphop gab es die letzten Jahre einen Running Gag: Dende, wann kommt dein neues Album raus? Heute stirbt der Witz endlich seinen wohlverdienten Tod, heute bringt Dendemann nach acht langen Jahren des Dürsten sein drittes Album "da nich für!" heraus.

Seine Tranigkeit nimmt der 44-Jährige mit Selbstironie: "Spätzünder ja, aber Blindgänger nein", rappt er. Dabei war er in der Zwischenzeit nicht untätig. Mit seiner Band Die Freie Radikale hatte er einen festen Platz in Jan Böhmermanns "Neo Magazin Royale", wo Dendemann in jeder Show mit einem gerappten Zweiminüter ein musikalisches Highlight beisteuerte. Das Loch, das er nach seinem Abschied Ende 2016 hinterließ, konnte das Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld nur bedingt stopfen.

Wortspiele? Kann er

Dendemanns Vorliebe für Wortspiele verraten schon die Liedtitel: "Ich dende also bin ich", "Alle Jubilare wieder", "Menschine". Dass Dende, wie er oft genannt wird, Sprache absolut beherrscht, wird schon im ersten Track klar: "Ich bin (...) ein klitzekleiner witzgescheiter Geistesblitzableiter/ Aber die meisten Spitzenreiter waren dummdreiste Sitzenbleiber", rappt er mit Konsonanzen nur so um sich werfend. Das geht ins Ohr wie Wasser beim Tauchen.

Dende klingt nicht mehr wie auf seinem letzten Album "Vom Vintage verweht" (2010). Er klingt auch nicht mehr wie am Anfang seiner Karriere, als er zur Jahrtausendwende mit DJ Rabauke als Hiphop-Duo Eins Zwo unterwegs war. Stattdessen nimmt er den Old-School-Hip-Hop-Sound seiner frühen Werke und kombiniert ihn mit zeitgemäßem Klang.

Bestes Beispiel: das Lied "Littbarski" mit Rapper Trettmann, das vorab als Single erschienen ist. Wie bei Sängerin Cher gibt es Trettmann nicht ohne Auto-Tune, der seiner Stimme eine markante Verzerrung verleiht. Auf Youtube sorgte das in den Kommentaren des "Littbarski"-Videos für Verwirrung: Autotune auf einem Dendemann-Album? Das kann nur eine Parodie sein, mutmaßten manche Fans. Sorry, Kids, keine Parodie, nur ein Rapper, der mit der Zeit geht.

Casper und die Beginner mit Gastauftritten

Zur Unterstützung hat Dendemann sich Gäste aufs Album geholt: Casper, den einzigen Rapper mit schlimmerer Reibeisenstimme, Arnim, den Frontmann der Beatsteaks, und die Beginner, alte Bekannte aus dem Hamburg des frühen deutschen Hiphops.

Ganz im Sinne der Ursprünge des Hiphops nutzt Dende seine Musik, um Stellung gegen soziale Missstände zu beziehen: gesellschaftliche Anteilnahmslosigkeit, Optimierungswahn, Populismus und rechte Hetze. „Die Politik kam ganz von selbst rein“, meint Dendemann.

"Unser Rückgrat ist stufenlos verstellbar/ Haare in der Suppe? Wir rufen bloß den Kellner/ Wenig Ehre, viel Desinteresse/ Kaum Anstand, immer Gästeliste", heißt es auf "Keine Parolen". "Zeitumstellung" wird noch deutlicher: "Eure Rassenkunde stinkt wie nasse Hunde, liegt nur Hass zur Grunde/ Wenn die Demokratie ihren Segen verflucht, ist dagegen wohl nicht mehr dagegen genug."

"da nich für!" ist Hiphop in Bestform: Texte, die ins Ohr gehen und im Kopf bleiben, geliefert auf rhetorischem Topniveau und untermauert mit soliden Beats. Traurig ist, dass der Spaß nach einer knappen Dreiviertelstunde vorbei ist. Mehr Spielzeit ist bei zwölf Tracks mit durchschnittlich dreieinhalb Minuten nicht drin. Aber wie immer bei Dende gilt: Qualität vor Quantität. Es lebe die Reimkultur!

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