21 Songs in 100 Minuten So klang das Konzert von Mando Diao im Palladium

Bonn · Die schwedischen Musiker von Mando Diao suchen im Kölner Palladium die Würze in der Kürze. In 100 Minuten spielen sie 21 Songs. Das Publikum ist zufrieden.

 Frontmann Björn Hans-Erik Dixgård.

Frontmann Björn Hans-Erik Dixgård.

Foto: Thomas Brill

Ein Trommelfeuer aus Song-Schnipseln lässt das Palladium erbeben. Für große Verzierungen ist keine Zeit – beziehungsweise wäre Zeit, wenn Mando Diao sie denn nutzen wollten. Doch die Schweden haben sich anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens offenbar die Reduktion zur neuen Maxime erkoren, setzen knackige Gitarren-Riffs in den Mittelpunkt ihres Schaffens und präsentieren auf der Tour zum aktuellen Album „Bang“ schnörkellose Rock-Stücke mit der Laufzeit früher Beatles-Titel. Drei Minuten müssen reichen, mehr ist Exzess. Weg mit den Synth-Pop-Experimenten aus der „Ælita“-Zeit und her mit dem guten alten, räudigen Straßenköter-Rock. An sich ja eine gute Idee, wenn auch mitunter ein wenig eintönig. Zum Glück haben die Herren um den charismatischen Sänger Björn Dixgård aber auch ein paar längere Klassiker im Gepäck – und so wird ihr Konzert im Kölner Palladium zwar nicht ausufernd, aber immerhin vom Publikum euphorisch gefeiert.

Schnell und hart gehen Mando Diao bei den neuen Stücken zur Sache. Nicht ohne Grund soll „Bang“ laut Frontmann Dixgård als ausgestreckter Mittelfinger in Richtung des Establishments verstanden werden. Dumm nur, dass gerade aufgrund der Kürze und der Fokussierung auf die verzerrten Gitarren eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Problemen dieser Welt schlichtweg nicht stattfinden kann. Stattdessen heißt es dann eben „Bang Your Head“. Klar, warum nicht? Selbst das angeblich so sozialkritische „Society“ beschränkt sich schließlich auf ein paar belanglose Phrasen, die im Sägezahn-Sound der Band gnadenlos untergehen. Ja, Mando Diao können wieder rocken, aber sie haben neuerdings einfach nichts mehr zu sagen. Dafür müssen die Schweden dann doch zu den alten Hits aus der Ära des 2015 ausgestiegenen Gustaf Norén zurückgreifen, zu „All My Senses“ zum Beispiel oder dem starken „Down In The Past“, das endlich mal Raum für Dynamik bietet, weil es eben nicht auf einen Bierdeckel passt.

Das sind die Momente, in denen die Band zeigt, was in ihr steckt, in der sie geschickt kratzbürstigen Indie-Garagen-Rock mit einer eleganten Coolness mischen. Die beiden Zugaben „Gloria“ oder auch „Dance With Somebody“ betonen letzteres noch einmal explizit und werden dementsprechend vom Publikum gefeiert, und auch das herrliche „Mr. Moon“ verfügt über beide Seiten der Mando-Diao-Medaille. Von den neuen Songs gelingt dieser Balance-Akt dagegen höchstens der Single „Don‘t Tell Me“, die zum Tanzen geradezu herausfordert.

Am Ende, nach 21 Songs in etwa 100 Minuten, ist das Publikum dennoch zufrieden. Die großen Hits sind gespielt worden, die Band hat es ordentlich krachen lassen und vor allem gegen Ende noch einmal aufgedreht, und Langeweile ist angesichts der hohen Schlagzahl auch nicht aufgekommen. Rock in homöopathischen Dosen. Reicht doch. Zumindest wenn man daran glaubt.

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