Jazzfest Bonn Samy Deluxe trifft Bigband im Telekom Forum

Bonn · Das Jubiläumsfestival endet mit einer bizarren Mischung im Telekom Forum: Neue Bigband-Klänge treffen auf Rapgesang und Jazzpiano sowie den strahlenden Glanz der 1980er Jahre.

 Samy Deluxe

Samy Deluxe

Foto: Fischer

"Dreht nicht zu krass durch“, rappt Samy Deluxe augenzwinkernd mit Blick auf ein klassisches Jazzpublikum im Telekom Forum und improvisiert munter weiter, „wie kann ich beim Jazzfest den Text vergessen/ vorher gab es lecker Essen“. Applaus, Jubel. Ein Rapper zusammen mit DJ Vito, der seit mehr als zehn Jahren Beats für Samy Deluxe produziert, und mit Florian Weber, ein brillanter, ausgewiesener Jazzpianist – auch beim Finale servierte das Jubiläums-Jazzfest Bonn eine bizarre Mischung. Auf Monika Roschers Bigband der anderen Art folgte das ungleiche Rap-Jazz-DJ-Trio – und als tanzbarer Rausschmeißer dann die Fusion-Legenden von Mezzoforte aus Island. So ein wildes Programm muss einem erstmal einfallen. Das Publikum nahm es begeistert bis euphorisch auf, klatschte im Stehen und nahm schließlich den Mezzoforte-Superhit „Garden Party“ zum Anlass, sich die wilden Eindrücke des Abends ausgiebig von der Seele zu tanzen.

Begonnen hatte der Abend mit einem Blick auf die Zukunft der Bigbandkultur: Geballtes Können, ein unverwechselbarer Sound, fantastische Arrangements und überragende Solisten kreierten eine klangliches Erlebnis, das kaum in Worte zu fassen ist, eher in Bilder, die sich zu großem Kino reihen. 16 Musiker, großteils Bläser der Monika Roscher Bigband, intonieren ein zwitscherndes, pfeifendes und gurrendes Vogelkonzert, tanzen den „Terror Tango“.

Absolut spannend eine James-Bond-Musik mit dem charakteristischen Anschwellen, den präzisen Bläsersätzen – das Ganze aber ohne ein einziges Bond-Zitat. Und Roscher fasziniert an der E-Gitarre und mit Björk-hafter Stimme. Grundiert wird das Ganze von einem düsteren, muskulösen, urtümlichen Sound, bekrönt von einzelnen Soli, die Licht in das diabolische Dunkel bringen. Ein Ereignis – nicht nur des Abends, sondern des ganzen Festivals.

Rap und Piano

Die Latte lag hoch für den Hamburger Samy Deluxe und für Weber aus Detmold, der am 25. Mai schon mit eigenem Quartett in der Oper geglänzt hatte. Nun assistierte er dem Rapper durchaus selbstbewusst und mit wunderbaren eigenen Akzenten.

Das um den DJ erweiterte Duo nahm die Herausforderung cool an. Mit „Mama“ und „Poesie Album“, „Weck mich auf“ und „Haus am Meer“ präsentierte der sichtlich ergraute Samy Deluxe (41) Hits seiner bald 20-jährigen Karriere – aufgejazzt und aufgemischt durch Webers fulminantes Spiel. Beide hatten riesig Spaß, das Publikum auch.

Mezzoforte mit Startproblemen

Eythor Gunnarsson nicht. Der Keyboarder der legendären isländischen Band Mezzoforte war sichtlich sauer, weil anfangs der Sound nicht stimmte. Wie ein Geysir ging der Mann an die Decke. Doch bald legte die berühmte Soundmaschine los, flutete das Forum rockig und funky mit dem Flair der 1980er: klasse Tanzmusik, die jeden mitwippen lässt, aber niemanden musikalisch überfordert. Sehr routiniert und abgezockt das Ganze. Eigentlich. Doch wie die Isländer ans Werk gehen, mit welcher Leidenschaft, Spielfreude und Virtuosität – das steckte an. Gunnarsson an den Tasten, der wild und fantasievoll auf der Gitarre spielende Friðrik Karlsson, Jóhann Ásmundsson mit kindlicher Freude und großem Können am Bass und Gulli Briem überragend am Schlagzeug – das sind die vier Gründungsmitglieder von Mezzoforte. 1977, als Mezzoforte loslegte, waren sie Teenager. Und im Bonner Forum waren sie wieder da: Ergraute junge Wilde mit Spaß bei der Sache und 40 Jahren musikalischer Erfahrung im Kreuz.

„Garden Party“, ihr einziger großer Hit, eröffnete die heiße Phase des Konzerts und gab auch den jüngeren Mitspielern – Ari Bragi Kárason (Trompete) und Jonas Wall (Saxofon) – Raum für fantastische Soli. Wippend und tanzend, in bester Laune ging das Jazzfest Bonn 2019 zu Ende.

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