Die entflammte Nacht Zucchero begeistert die Fans auf dem Bonner Kunst!Rasen

Bonn · Er ist unzweifelhaft eine Instanz in Sachen Liebe - zumindest phonetisch. Wenn Zucchero sein zuckersüßes "Amoreee" in den Bonner Himmel krächzt, gehen alle Herzen auf, fliegen sie ihm förmlich zu. Und er und seine tolle Band geben dieses Gefühl von der Bühne aus zurück.

Emotionsgeladen, pulsierend, mit bluesigen Balladen, ungewöhnlich harten Rock-Einlagen und seinem eingängigen, unverwechselbar rauen Italo-Pop (auch mal in Englisch) verwöhnt Zucchero seine Fans.

Da ist keine eingefahrene, lähmende Routine zu spüren - obwohl die Zucchero-Profis aus Europa und den US natürlich auch im 91. Konzert ihrer atemberaubenden Welt-Tour, die nach einem Konzertmarathon in der Arena von Verona durch fünf Kontinente führt, nichts dem Zufall überlassen. Aber es wirkt alles frisch und wild, hoch emotional. Klasse Solisten, wunderbare Bläserformation.

Der Bonner KunstRasen reiht sich zwischen München am Dienstag, wo Zucchero beim Tollwood-Festival begeisterte (der Münchner Merkur bedachte den "Joe Cocker aus Italien" mit dem Prädikat: "Zum Niederknien"), und Sion in der Schweiz am Freitag ein. Und dann kommen noch 42 Konzerte bis zum Finale Ende Oktober im brasilianischen Porto Alegre. Ein echter Kraftakt - den man dem 61-Jährigen aber locker zutraut. Wenn Zucchero die Augen zukneift und noch den letzten heiseren Ton aus seinem Brustkorb presst, ist er in seinem Element.

Zucchero auf dem Kunst!Rasen in Bonn (1)
32 Bilder

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In der Bonner Gronau hatte Adelmo Fornaciari alias Zucchero sein neues Album "Black Cat" dabei. Etwa ein Drittel des Konzerts wird von Zuccheros erneuter Rückkehr zu den Wurzeln geprägt: Soul und Blues - er hat sich bei der Aufnahme von "Black Cat" von den amerikanischen Südstaaten inspirieren lassen, von der Musik aus Nashville und New Orleans. Und er wollte seine Faszination für Filme wie "12 Years a Slave" und "Django Unchained" in Klänge umsetzen. Das klappt auch auf der Bühne vor 3700 Fans in Bonn, wo Zucchero im Opener "Partigiano reggiano" die freie Liebe ("L'amore libero"), die Freiheit der Träume und eine freie Welt schlechthin reklamiert. Da ist er, der Freigeist und italienische 68-er. Die Botschaft kommt auf dem KunstRasen an. "Black Cat" hat viel zu bieten.

Hochpoetisch gehen in "Ci si arrende" Erinnerungen an eine verflossene Liebe in eine feinfühlige Betrachtung der Natur über und die Vision einer entflammten Nacht. Zucchero beherrscht wirklich die Klaviatur der Gefühle - diese Stimme sorgt für Gänsehaut. Natürlich ist die Grenze zum Vollkitsch nicht weit, vielleicht ist sie auch längst überschritten. Aber die Reibeisenstimme des Mannes aus Reggio Emilia in Oberitalien und der erstklassige Sound seiner Band - nicht zu vergessen die tollen Arrangements - verhindern, dass aus Zuccheros Schmelz eine billige Schnulze wird.

Man folgt ihm gerne, wenn er in der volksliedhaften Ballade "Fatti di sogni" durch eine Traumwelt schlafwandelt. Wenn Zucchero "L'anno dell'amore", das Jahr der Liebe ausruft - wer will da Nein sagen? Und Zuccheros 13 Gründe, "eine wie dich" gegen ein Bier und "un panino al salame", ein Salamibrötchen, einzutauschen, hören sich auch ganz gut an ("13 buone ragioni"): Lebenshilfe in Liebesdingen vom rauen Barden.

Natürlich kommen nach einem "Grazie Bonn" auch die alten Nummern zum Zug. Nachdem Zucchero seine Lieblinge aus "Black Cat" en bloc vorgestellt hat, geht es Schlag auf Schlag mit Hits aus der Zuckerfabrik. "Vedo Nero", "Baila" und "Il Volo" werden frenetisch begrüßt und mitgetanzt.

Schließlich wartet das Publikum auf "Sensa una Donna", die herzzerreißende Hymne aller Einsamen, und auf "Miserere" mit dem quasi aus dem Jenseits als Duettpartner eingespielten Luciano Pavarotti. Große Oper in der Gronau. Riesige Begeisterung. Ein großer, stimmungsvoller Abend.

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