Zu den Wunderkerzen kommt die Gänsehaut

Viele Emotionen beim Konzert der "The Black Gospel Singers" im Ahrweiler Bürger-Centrum - In der durchorganiserten Show voller dramatischer Momente werden Zuschauer zum Mitmachen animiert

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Ziel jeder Vorstellung der "Black Gospel Singers" ist es, die Menschen egal welcher Religion durch die spirituelle Kraft ihrer Songs einander näher zu bringen und ihre Konzerte zu aufregenden Gemeinschaftserlebnissen zu machen. Wahre Ausbrüche an Emotionalität, Religiosität und überschäumender Lebensfreude treten dabei zutage und ließen am Montagabend auch das Publikum im Ahrweiler Bürger-Centrum nicht gleichgültig - und schon gar nicht auf den Stühlen sitzen.

"Dieses ist kein Rock''n''Roll, dies ist Gospel, der Eure Seelen berührt und Euch die Gänsehaut spüren lässt", erklärte denn auch Gregory Kelly den rund 300 Zuhörern im Saal. Der Moderator, Sänger und Keyboardspieler musste zwar erst noch einmal in seiner Mischung aus Englisch und Deutsch erklären, dass Gospel keine Musik zum zurückgelehnten Zuhören ist, als die Ahrtaler jedoch einmal standen und mit der Musik mitgingen, hatte er es schwer, sie wieder dazu zu bringen, sich zu setzen und den besinnlicheren Interpretationen der insgesamt zehn "Black Gospel Singers" zu lauschen.

Die Ergriffenheit des Publikums war allerdings fast grenzenlos, als Kelly im zweiten Teil des Programms berichtete, dass er am 11. September 2001 "nur 300 Meter vom World Trade Center entfernt mitansah, wie fast 4 000 Menschen starben", und Kenya Greene und Nikki Yelverton anschließend Ennyas Song "Only Time" anstimmten: Da war sie dann, die Gänsehaut nebst brennenden Wunderkerzen und Feuerzeugen und vor Rührung so manch feuchten Auge.

Vor einem großen schattenwerfenden Kreuz auf der Bühne stehend und in weite, bodenlange weiße Gewänder gehüllt hatten sich die fünf Frauen und fünf Männer dem Publikum vorgestellt. Glaubenserfüllte und beschwörende Sprechgesänge voll Gottesfurcht hatten sie zu Beginn des Abends intoniert. Es folgten eigenwillige Interpretationen bekannter Pop- oder traditioneller Songs wie "Like a bridge over troubled water", "Imagine" oder "Down by the river side", die mal sehr tragend und schwermütig, dann wieder ausgesprochen übermütig und frei umgesetzt wurden. Und natürlich fehlten Klassiker wie "Joshua fit the battle of Jericho", "Go down, Moses" und "O, happy day" nicht.

Zwischendurch gab es Zitate aus der Bibel sowie Martin Luther Kings Rede "I have a dream", während der Hintergrundchor leise "Amazing grace" anstimmte. Zum teilweise auf Deutsch gesungenen "Stille Nacht, Heilige Nacht tanzten Lichtpunkte wie Schneeflocken an den Wänden des Bürger-Centrums, und auch die Zuhörer wurden noch aktiv: Baten die "Black Gospel Singers" doch alle Kinder zu sich nach vorne, fragten eines nach seinem Lieblings-Weihnachtslied und sangen mit den Müttern und den Vätern im Publikum getrennt "Jingle bells". Und bei "He''s got the whole world in his hands" wiegte ein Teil der Zuschauer ein imaginäres Baby in den Armen, ein anderer Teil malte mit den Händen den Globus als großen Kreis in die Luft.

In der durchorganiserten Show voller dramatischer Momente wurden die Zuschauer immer wieder zum Mitmachen animiert, zum Klatschen, Schnipsen, Mitswingen oder zum Wechselgesang mit den Akteuren auf der Bühne. "You must feel Spaß", forderte der Moderator auf. Und manch einer mag anfänglich noch verwundert gewesen sein angesichts so viel Überschwang und guter Laune auf der Bühne, am Ende ließ er sich dann aber doch anstecken von Bernice Harley: Die in der Gospelwelt bekannte "Sista B" probierte so gut wie alle Variationen des Wortes "Amen" durch, und der Chor der anderen Sänger folgte ihrem Dirigent auf jede Silbe und jeden Ton.

Ganz gebannt war das Publikum bei so viel geballter Energie. Anspannung und Begeisterung ließ es schließlich freien Lauf im Applaus und erntete dafür auch noch eine Zugabe.

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