Robbie Williams in Gelsenkirchen Zeremonienmeister des Pop

GELSENKIRCHEN · Sollte er der neue König im Reich des Pop werden? Jedenfalls lässt Robbie Williams mit seiner "Take The Crown"-Tour keine Zweifel an seiner Ambition, nach dem Tod von Michael Jackson, als neuer King of Pop fortan die Regentschaft zu übernehmen.

 Popstar Robbie Williams hatte seine Fans auf Schalke mit Songs von "String" bis "Angels" fest im Griff.

Popstar Robbie Williams hatte seine Fans auf Schalke mit Songs von "String" bis "Angels" fest im Griff.

Foto: Thomas Brill

Eine Gefolgschaft von 55.000 begeisterten Fans in der ausverkauften Veltins-Arena auf Schalke sind eine Macht, zumal sich der Thron-Aspirant seit 2006 - von dem Intermezzo mit Take That einmal abgesehen - nicht mehr in Deutschland gezeigt hatte.

Der 39-jährige Engländer, der offiziell Alkohol und Medikamenten abgeschworen hat, zelebrierte in Gelsenkirchen eine Show mit unterschiedlichsten Facetten zwischen klotziger Pracht, wunderschön intimen Gefühlswelten und leider bisweilen auch einer spätpubertären Abgeschmacktheit.

Mit dem programmatischen "Let Me Entertain You" startet Robbie Williams die Show mit einer Energie, als sollte diese bereits nach zwei Songs und nicht erst nach zwei Stunden zu Ende sein. Im Repertoire sind Songs der vergangenen 20 Jahre, von "Everything Changes" mit Take That bis hin zu "Candy", Cab Calloways "Minnie the Moocher" steht für persönliche Vorlieben aus der Swing Ära, "Come Undone", in das er den Lou-Reed-Klasssiker "Walk On the Wild Side" einflicht, für Improvisationstalent und mit "Strong", "She`s the One" sowie "Angels" präsentiert er sich zumindest als oberster Zeremonienmeister für kollektive Singerlebnisse.

Die Bühne huldigt einem wahren Kult um seine Person. Ein übergroßer Robbie-Kopf, als wollte er den vier Präsidenten-Konterfeis des Mount Rushmore Memorials Konkurrenz machen, dominiert die Bühne Ein weiterer mobiler ist als Behältnis für aufsteigende Luftballons im Einsatz, kann aber auch mächtig Dampf ablassen und Feuer spucken.

[kein Linktext vorhanden]Die wandlungsfähige Physiognomie von Williams offenbart unterschiedliche Verführ-Charaktere. Da ist die weltläufige Eleganz und der selbstironische Humor eines George Clooney, kontrastiert von der leicht prolligen Rauheit eines Mel Gibson und schließlich ist da auch der durch gespielte Tumbheit kaschierte Anarchowitz eines Stan Laurel zu spüren.

Für jeden Geschmack ist also etwas dabei, und jede Anhängerin kann sich bei seinen großen Gesten ganz persönlich umarmt fühlen. Allen voran jedoch die in Tränen der Überwältigung aufgelöste Mia aus Berlin. Williams hatte die 20-Jährige ("old enough") in Tank-Top und Radlerhose natürlich wegen ihrer schönen Augen ausgeguckt.

Auch wenn der Stadion-Sound extrem basslastig ist, wer einen Sitzplatz hat, bekommt eine Hosenboden-Massage gratis, so präsentiert sich Robbie Williams gesanglich wie mental in Bestform. Ob ihm nun die Krone gebührt, kann offen bleiben.

Was Selbstkrönungen anbetrifft, befindet sich Robbie I. mit Napoleon I. und Wilhelm I. von Preußen jedenfalls durchaus in historisch gewichtiger Gesellschaft.

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