Zeig mir dein Lieblingsbild
Bonn · "Hallo aber": Die Doppelschau von Annette Kelm und Michaela Meise im Bonner Kunstverein.
Der Künstlerdialog über Bande gehört zu den Spezialitäten des Bonner Kunstvereins. 2005 gingen Ján Mancusca und Jonas Dahlberg in den Ring, 2009 waren Christopher Williams und Mathias Poledna an der Reihe. Jetzt hat Kunstvereins-Chefin Christina Vègh Annette Kelm angesprochen, sich einen Partner für Bonn auszusuchen. Die Fotografin lud die ebenfalls in Berlin lebende Bildhauerin Michaela Meise zum Duett. "Hallo aber" heißt das Doppel, eine faszinierende Etüde über die Macht der Erinnerung und Liebe zum Bild.
Seit drei Jahren läuft das Projekt. Anfangs tauschten die Künstlerinnen per E-Mail Lieblingsbilder aus, später traf man sich, diskutierte - "das würde ich gerne reinnehmen, oder hast du was dagegen?" (Meise). Manches, wie der Mann auf der Leiter, der einen Pfeiler anmalt, wurde verworfen: "Das war ein zu platter Malerwitz", meint Annette Kelm, "wir wollten nicht Malerei kommentieren." Es sollte um Bilder gehen, die einen biografisch-historischen Hintergrund bieten, um Zeitkolorit und um das Bildermachen an sich.
Die beiden einigten sich auf zwei Plattencover - von Mike Oldfield und der DDR-Sängerin Veronika Fischer -, auf Tücher mit Paisley-Muster, ein Doppelporträt des englischen Meisters Thomas Gainsborough, das erste Farbfoto der Welt (von Louis Ducos De Hauron), ein ganz liebes Büchlein über 150 Jahre Berliner Witze aus den 50er Jahren und den Einband eines Fotografie-Lehrbuchs. Eine bizarre, bunte Mischung, die im nächsten Schritt noch verrückter wurde.
Kelm und Meise hängten ihre Lieblingsbilder nämlich nicht bloß an die Wand, sie ließen sie durch den bekannten Bonner Plakatmaler Carsten Carstens stark vergrößert in den Kunstverein malen. Das überschaubare Material wirkt aufgeblasen, erhaben-monumental und banal wie ein Reklamebild zugleich. Der Bilderkosmos mit Gainsboroughs kartelnden Töchtern, zwei turtelnden Berliner Spatzen, mit bunten Tüchern und historischen Plattencovers füllt einen riesigen Raum, überwältigt geradezu. Jedes Bild bietet sich der unbedingt lohnenden Analyse an, kann aber auch konsumiert werden wie bunte Kinoreklame. Man hat die Wahl und kommt in jeder Hinsicht auf seine Kosten.
Kelm und Meise flankieren ihre beeindruckende Doppelperformance mit einer Handvoll individueller Arbeiten im SeparMuster, Farben, Bilder: Blick in die Schau "Hallo aber".ee: Da trifft eine Fotografie, die mit Realitätsebenen und Bildpointen spielt (Kelm) auf Objekte und Reliefs (Meise), die kryptische Botschaften enthalten und sich nur unvollständig enträtseln. Wunderbar in diesem Zusammenhang der schriftliche Dialog, den eine Marianne mit einem Hausdämon führte. Michaela Meise hat ihn protokolliert.
Wer will, kann von diesen Werken ausgehend Spekulationen beginnen, wer wohl welches Lieblingsbild ins Rennen für den großen Kunstvereins-Raum schickte. Allen diesen von Carstens inszenierten Motiven ist leider eines gemeinsam: Sie werden nach Ausstellungsende übermalt.
Bonner Kunstverein, Hochstadenring 22; bis 19. Februar. Di-So 11-17 Uhr, Do 11-19 Uhr. Eröffnung: 9. Dezember, 19 Uhr