Reggae-Festival im Kölner Norden Zehntausende Fans beim Kölner Summerjam

Köln · Bob Marleys Sohn und Geist: Das 33. Summerjam-Festival lockte Zehntausende Fans, die nicht nur wegen der Musik und der besonderen Atmosphäre kommen.

 Malerische Kulisse: Stonebwoy auf der Bühne des Summerjam-Festivals am Fühlinger See.

Malerische Kulisse: Stonebwoy auf der Bühne des Summerjam-Festivals am Fühlinger See.

Foto: Roeltgen

Zum Schnapszahl-Jubiläum gab es Sonne satt. Am Wochenende stieg am Fühlinger See das 33. Summerjam – und wie jedes Jahr kamen Zehntausende Musikfans in den Kölner Norden, um zu Offbeat-Rhythmen und der ein oder anderen mit illegalen Substanzen angereicherten Zigarette den Geist Bob Marleys und Co. aufrecht zu halten. Obwohl das mittlerweile musikalisch – zumindest vor den Bühnen – nicht immer leicht umzusetzen ist.

Zwar hat sich das Summerjam noch nie als ein reines Reggae-Festival verstanden, seine Wurzeln und der Schwerpunkt lagen aber seit jeher auf der Gute-Laune-Musik aus Jamaika. Ein Schwerpunkt, der sich schon seit Jahren vor allem in Richtung Hip-Hop verschiebt. Hinsichtlich der Massenkompatibilität dieses Genres, aber auch der immer häufiger werdenden Verschmelzungen verschiedener Stile ist diese Entwicklung nicht sonderlich verwunderlich. So mancher trauert dennoch dem alten klaren Schwerpunkt hinterher. „Ich finde es ein wenig schade, dass der Reggae gefühlt immer weniger hier wird – aber was soll’s. Gönnen wir es den Rappern, auch wenn die eigentlich ihre eigenen Festivals haben“, so Gast Moritz zu diesem Thema. Den „alten Vibe“ spüre man ja dennoch.

Großer Jubel für Ty Dolla Sign

Vor allem optisch. Jamaika- und grün-gelb-rote Rastafari-Flaggen dominierten weiterhin das Bild des Festivals. Und wenn man an den zeltenden Besuchern, die die Ufer des Sees alljährlich in ein riesiges Dorf verwandeln, vorbei flanierte, schallten einem alle paar Meter Reggae- oder Dancehall-Sounds entgegen. Auf dem Campinggelände lebt der Offbeat unbekümmert weiter.

„Zu den Konzerten gehen wir mittlerweile fast nur noch in den Abendstunden und wenn, dann zu ausgewählten Auftritten“, erklärten die Reggae-Fans Mara und Jenni aus Nordhessen, die seit mehr als zehn Jahren jedes Jahr nach Köln reisen. Gegen den Stilwechsel hätten sie jedoch nichts. „Aber die große Party überlassen wir lieber der jüngeren Generation“, sagten sie lachend, während sie sich noch einen weiteren Joint anzündeten.

Diese jüngere Generation feierte vor allem die großen Namen, die sich an den drei Tagen auf den zwei Hauptbühnen die die Ehre gaben. Im Zuge der lockeren Festival-Stimmung wurden dabei auch gerne mal schwächere Auftritte abgetan, als wären es qualitative Glanzleistungen gewesen. Der amerikanische Hip-Hop-Superstar Ty Dolla Sign („Sucker or Pain“) etwa, der am Freitagabend auf der großen roten Bühne spielte, gab ein eher müdes und lustloses Konzert zum Besten, wurde aber dennoch von seinen Fans mit großem Jubel bedacht. Parallel dazu spielten sich auf der kleineren grünen Bühne Charly Black und folgend Stonebwoy und Christopher Martin in die Herzen der traditionelleren Fans.

Marteria zum vierten Mal dabei

Vor allem letzterer gilt als einer der derzeit angesagtesten Reggae-Künstler und hätte wohl noch vor wenigen Jahren einen Platz auf der großen Bühne erhalten. Diese wurde jedoch da von dem Deutschrapper Marteria belegt, der zum vierten Mal auf dem Summerjam zu Gast war und ein mitreißendes Konzert spielte und zur friedlichen Revolution aufrief.

Der Samstag war dann mit unter anderem Tarrus Riley wieder deutlich Roots-lastiger, lediglich die deutsche Folctronica-Band Milky Chance („Stolen Dance“) durchbrachen hier das Korsett, wussten aber zu begeistern. Auf der grünen Bühne ließ Dendemann, wie schon am Tag zuvor Afrob, die gute, alte Rap-Schule hochleben, als deutscher HipHop noch keine frauenverachtenden, gewaltverherrlichenden oder antisemitischen Texte nötig hatte. Die Nacht gehörte aber zwei Reggae-Größen: Ziggy Marley und Gentleman. Während der Zögling des Ur-Vaters des Reggae sich zwar medienscheu, aber dafür musikalisch klasse präsentierte, weiß man bei Tilmann Otto sowieso, dass er bei seinem Heimspiel nichts anbrennen lässt.

Am letzten Festival-Tag gab es dann eine bunte Mischung für jeden Geschmack: Richie Stephens, die legendären Inner Circle, SOJA und Chronixx groovten zum Abschied auf der Hauptbühne, während sich das junge Publikum vor allem vor der grünen tummelte, um beim angesagten Cloud-Rapper RIN aus dem schwäbischen Bietigheim-Bissingen zu dessen Texte über gebrochene Herzen, dem gemeinsamen Chillen sowie Marlboro Gold abzugehen.

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