Beethovenhalle in Bonn Zauberhaftes Leuchten

BONN · 1832 schrieb Felix Mendelssohn Bartholdy an seine Schwester Fanny: "Die Hebriden-Ouvertüre habe ich immer noch nicht ganz vollendet. Der ganze Mittelteil riecht noch zu sehr nach Kontrapunkt und sollte doch vielmehr nach Salzluft, Lebertran und Möwen schmecken."

Ob Mendelssohn das gelungen ist, muss jeder für sich entscheiden. Aber ganz gleich, ob man beim Hören der "Hebriden" die Fingalshöhle vor Augen und Möwenschreie in den Ohren hat oder nicht - als musikalisches Stimmungsgemälde ist die kleine sinfonische Dichtung auf jeden Fall gelungen, und Heribert Beissel am Pult der Klassischen Philharmonie Bonn lässt ihre Farben in einem zauberhaft transparenten Klangbild leuchten.

Hell und klar ist auch das weitere Programm dieses "Wiener Klassik"-Abends in der Beethovenhalle. Der junge Pianist Alexander Stepanov übernimmt den Solopart in Beethovens spielerisch heiterem C-Dur-Klavierkonzert op. 15, einem frühen Werk, das sich dennoch schon vom Tutti-Solo-Schema abwendet und den Klavierpart eng mit dem Orchester verzahnt.

Stepanov erweist sich als feinfühliger Erzähler, der zielstrebig gestaltet. Da auch das hellwache Orchester gut hinhört und sich auf den gemeinsamen Atem einlässt, entsteht ein harmonischer Dialog. Virtuos auftrumpfen kann Stepanov in der glasklar perlenden Kadenz des ersten Satzes und im brillanten Finale, dessen rhythmische Effekte auch Beissel mit großer Spielfreude in Szene setzt.

Nach zwei Zugaben - Rachmaninows cis-Moll-Prelude und ein kleiner Bach - ist der Pianist entlassen, und die Klassische Philharmonie gibt ihrem treuen Publikum mit Mozarts Es-Dur-Sinfonie KV 543 noch eine weitere große Portion Lebensfreude mit auf den Weg.

Die Geigenskalen und Fanfaren des Kopfsatzes glänzen, der Dialog zwischen Klarinette und Fagott im Andante ist allerliebst, und auch im berühmten festlichen Menuett zeigen Beissels Holzbläser ihre Klasse. Schwerelos und ausgelassen tanzt die Klassische Philharmonie im Perpetuum mobile des Finales an den Abgründen der Musik vorüber: "Die Tiefen des Geisterreichs", die E.T.A. Hoffmann der späten Mozart-Sinfonie attestierte, sie drohen an diesem Abend nur aus der Ferne.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort