Theater im Ballsaal in Bonn Yasmine Hugonnet beim Tanzsolo Festival

BONN · Experiment Stille. Im Theater im Ballsaal herrscht (fast) vollkommene Ruhe. Es ist spannend, die Schweizerin Yasmine Hugonnet bei der Entdeckung der Langsamkeit zu betrachten. Zen trifft Zeitlupe.

 Körper als Instrument: Yasmine Hugonnet.

Körper als Instrument: Yasmine Hugonnet.

Foto: Anne-Laure Lechat

Im Rahmen des fünften Internationalen Bonner Tanzsolo Festivals zeigt die Tänzerin aus Lausanne ihre eigene Choreografie "Le Récital des Postures". Ein Rezital bezeichnet gewöhnlich die solistische Konzertform eines einzelnen Instruments; in dieser 50-minütigen Performance ist der menschliche Körper das Instrument.

Während des ersten Kapitels verbirgt Hugonnet ihr Gesicht konsequent hinter Armen, Händen und Haaren, sie duckt sich, kauert schildkrötenartig auf dem Grund. Subtilste Regungen münden in komplexe, gravitätische Positionen. Die Schweizerin entledigt sich ihrer Kleidung - ihre bis dato scheue und devote Kunstfigur wird von einer äußerst selbstbewussten Nachfolgerin abgelöst.

Und die arbeitet nicht nur mit Yoga-Zitaten, sondern vor allem mit ihren Haaren, die sie als Balancehilfe oder als Seil benutzt, um sich aus einer Bodenfigur hochzuziehen.

Zur tippelnden Ballerina-Persiflage mutiert, sind diese Haare nur noch Dekoration; schließlich dreht Hugonnet sich einen Zopf und klemmt sich diesen wie einen Schnauzbart unter die Nase. Diese männliche Karikatur buhlt sodann energisch um Anerkennung und Bestätigung, will den Auftrittstriumph auskosten. Getanzte, bittere Geschlechtersatire mit Verve.

Info

Mit der CocoonDance-Premiere "Revisiting Wonderland" (25., 26. und 27. Juni im Ballsaal, jeweils 20 Uhr) geht das Festival zu Ende.

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