lit.Cologne: Die Welt der Literatur in Köln Worte für alle

Köln · In rund 200 Veranstaltungen bringt die 16. lit.Cologne vom 8. bis 19. März Autoren wie Donna Leon, Cees Nooteboom und Martin Walser nach Köln. Ein Benefizabend des Literaturfestivals widmet sich den Flüchtlingen.

Zu Besuch im Büro der lit.Cologne zwischen Chlodwigplatz und Volksgarten. Ein kreativer Hinterhof, von denen es in Köln ja so einige gibt. Postindustrieller Backstein-Charme leitet in ein streng minimalistisches Konferenzzimmer. Weiße Wände, ein massiver, langer Holztisch. An dieser Tafel fallen die Entscheidungen. Wer zu Deutschlands wichtigstem, größtem und einflussreichstem Literaturfestival eingeladen wird – und wer nicht. Vom 8. bis 19. März wird die 16. Ausgabe die ganze Domstadt bespielen. An einem Freitagmorgen im Februar sitzt Rainer Osnowski, einer der drei lit.Cologne-Gründer und -Geschäftsführer, an dem Konferenztisch.

Was wäre denn ein Grund, einen Autor oder eine Schriftstellerin abzulehnen? Es hat wohl mit dem Gespür für die „richtigen“ Bücher zu tun, einem eher intuitiven Mittel. „Wir haben schon einige Bücher abgelehnt, die später Bestseller wurden“, sagt Osnowski. „Und in der Rückschau haben wir dann festgestellt, dass wir mit der Ablehnung meistens richtig lagen. Dazu kommt, dass nicht jedes Buch auf der Bühne funktioniert.“

Auch im 16. Jahr der lit.Cologne gibt es klassische Lesungen mit hochkarätigen internationalen und nationalen Erfolgsautoren wie Donna Leon, Cees Noteboom, Robert Harris, Val McDermid, Martin Walser, Juli Zeh oder Monika Maron. Darüber hinaus spricht der Festival-Ableger lit.kid.COLOGNE mit einem eigenen Programm Kinder und Jugendliche an. Und es wird wieder zahlreiche, eigens für das Festival konzipierte Themenabende und Begegnungen geben, die den besonderen Reiz ausmachen. So trifft etwa Tausendsassa Helge Schneider im Gespräch auf Flake Lorenz, den Keyboarder von Rammstein; Schauspielerin Nina Kunzendorf und Paul Ingendaay betrachten das „Bildnis einer Dame“ von Henry James. Die Schweizer Sängerin und Filmkomponistin Sophie Hunger tauscht sich mit dem Pop-Philosophen Dirk von Lowtzow aus – und mit der Poesie des Anmachens, Aufreißens und Abblitzens befassen sich Inga Busch, Yuri Englert und Christoph Maria Herbst.

Prominente Gäste bei der lit.Cologne
9 Bilder

Prominente Gäste bei der lit.Cologne

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Auf der lit.Cologne tummeln sich nicht nur die großen Stars der Literaturszene, sondern auch Schriftsteller, die noch keine große Leserschaft gefunden haben. Das Festival besitzt längst eine riesige Strahlkraft. Osnowski nickt zustimmend. „Unbekannte Autoren, die zu uns kommen, ziehen bei uns ein paar Hundert Menschen, ohne dass wir das mit großen Schauspielernamen aufpeppen müssten“, sagt er. „Ein namenloser Autor hat bei uns, sagen wir, 400 Zuhörer – mehr als bei den 20 weiteren Lesungen auf seiner Tour zusammen.“

Der Geschäftsführer blickt aus dem großen Fenster des Konferenzzimmers hinaus in den morgendlichen Regen. Wie erinnert er die Geburt des Festivals vor 16 Jahren? „Wir haben am Anfang natürlich die Hosenträger flitschen lassen und rote Teppiche und Fünf-Sterne-Hotels versprochen. Und auch eingelöst.“ Osnowski lächelt. „Das gehört eben dazu, du musst ja auf dich aufmerksam machen. Verlage wie Hanser, Diogenes oder Kiepenheuer & Witsch haben sofort an uns geglaubt.“

Besonders am Herzen liegt dem Festivalchef die diesjährige Großveranstaltung in der Lanxess- Arena am 17. März. Unter dem Motto „Auch ihr seid jetzt Deutschland! Die Flüchtlinge und die Kraft der Sprache“ widmet sich das Festival dem Thema schlechthin der letzten und kommenden Monate. Auftreten werden neben vielen anderen Künstlern etwa Til Schweiger, Cordula Stratmann, Frank Schätzing, Wladimir Kaminer und Annette Frier; Musik steuern zum Beispiel Cro, Thomas D. und Band sowie Nina Hagen bei. „Ein Großteil dieser Menschen wird hier bleiben – und wird zurecht hier bleiben“, sagt Rainer Osnowski zur Flüchtlingsdebatte. Im vergangenen Sommer sei klar gewesen, dass die lit.Cologne sich mit der Frage befassen muss, welche Rolle sie in dieser Debatte spielen will.

„Wir wollten dabei nicht kleinteilig politisch werden und Detailfragen diskutieren“, so Osnowski. Allerdings ist die Resonanz auf das Event zurückhaltend. „Ich bin bestürzt, dass sich so viele Menschen vor dem Thema wegducken. Und darüber, dass die Politik die Menschen alleine lässt. Niemand befreit die große Masse von ihren Ängsten – oder sagt ihr erst einmal, dass diese Ängste normal sind.“

Der lit.Cologne-Geschäftsführer macht sich nichts vor: „Bei diesem Programm müssten wir die Lanxess-Arena eigentlich zwei bis drei Mal ausverkaufen. Leider fing dann parallel zu unserer Planung die Problematisierung von rechts an.“ Die Konsequenz? „Die Menschen nehmen Abstand von diesem Thema. Wir mussten richtig trommeln, um 7000 Zuschauer zusammenzukriegen.“

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