Wo sind denn nur die Werte hin?

Volker Pispers skizziert im Bonner Pantheon Klassiker aus zwanzig Jahren

  Volker Pispers

Volker Pispers

Foto: Pantheon

Bonn. Er vergleicht "junge Männer mit grünen Haaren" (Punker) mit "alten Männern mit grünen Hüten" (Schützen), zieht statistische Querverbindungen zwischen "Ossis und Bauern" oder "Steuerhinterziehern und Zahnersatzträgern". Das wirkt zunächst wie ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen.

Doch Volker Pispers, der in seinem bereits mehrfach neuaufgelegten und immer wieder aktualisierten Jubiläumsprogramm zum 20-jährigen Bühnenjubiläum unter dem Titel ". . . bis neulich" aktuelle Klassiker auf der Bühne komprimiert, bringt seinem Publikum gerade in solch ungewöhnlichen Vergleichen die Absurdität des Daseins und die Unwägbarkeit der Zukunft näher.

Frei nach dem Motto "Wer zu spät geht, den bestraft seine Natur", bringt er Defizite in der deutschen Marktwirtschaft, Gesundheits- und Sozialpolitik früh genug zutage und gelangt ganz zielsicher und scheinbar logisch mit brillanter Redekunst ans erwünschte Ziel.

"Was ist aus diesem Land nur geworden? Wo sind sie hin, die Werte unserer Väter?" - der Träger des Deutschen Kleinkunstpreises hat längst entdeckt, dass es sich nicht lohnt, die Schlange zu wechseln.

Denn man befindet sich "prinzipiell in der langsamsten Schlange", und daher kann er sich als Kabarettist auch entschuldigend zurücklehnen, wohlwissend, dass er nicht zu den Tätern, sondern zu den Opfern zählt. Pispers, der jetzt an zwei Tagen im vollbesetzten Pantheon mit ". . . bis neulich" zu erleben war, gelingen immer wieder die gedanklichen Sprünge zwischen Individuum und Staat.

Dann werden "Investmentexperten, Unternehmensberater und Aktienanalysten" als Repräsentanten des Schmarotzertums seziert und Zeitgeist-Wörter, wie "Globalisierung" auf ihre Inhalte überprüft.

Im Sinne einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme schlägt Pispers vor, dem volkswirtschaftlichen Schwachsinn entgegenzuarbeiten, indem man das Zähneputzen verbietet und die Menschen zum Rauchen zwingt, und auf blödsinnige, weil zu weit nach vorne gerichtete Marktprognosen zu verzichten. Seine kabarettistischen Trümpfe aus zwanzig Jahren Bühnenpräsenz zieht er dabei in Hülle und Fülle aus den Ärmeln und entpuppt sich gleichzeitig als grandioser Rechenkünstler und leidenschaftlicher Wort-Akrobat.

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