Widerstand gegen Peter Limbourg Wird die neue Deutsche Welle zur "German Wave"?

BONN · Intendant Peter Limbourg präsentiert heute im Bundestag als Tagesordnungspunkt zehn die "Aufgabenplanung" der Deutschen Welle (DW) der Jahre 2014 bis 2017. Kein spektakulärer Vorgang an sich, gewöhnlich ein Ritual mit moderater Brisanz.

Diesmal aber, vor Limbourgs erster "Aufgabenplanung", schlagen die Wellen über der Welle hoch. 600 Mitarbeiter der Standorte Bonn und Berlin gingen am Montag unter dem Motto "Wir lassen uns nicht abschalten" in Berlin vors Brandenburger Tor, forderten unter anderem vom Bund mehr Geld für die DW und von Limbourg eine Abkehr von den Sparplänen. Die DW-Gremien gehen von einer Deckungslücke von 24 Millionen Euro bis 2017 aus. 2015 verfügt die Welle über 295 Millionen Euro.

Der Intendant des deutschen Auslandssenders droht seit geraumer Zeit mit Einschnitten im Programm. Die möglichen Folgen laut "Tagesspiegel": Ende der deutschen, spanischen und arabischen TV-Programme am Standort Berlin, Einschränkung der Sprachenvielfalt um bis zu zehn Angebote in Bonn. Limbourgs schärfste Waffe im Kampf um mehr Geld: Er stellt das deutsche lineare Fernsehprogramm zur Disposition.

Im Deutschlandfunk sagte er gerade zum deutschen TV-Programm: "Es wäre gefährdet, wenn wir tatsächlich weiter in dieser strukturellen Unterfinanzierung bleiben." Limbourg weiter: "Wir werden aber immer ein deutsches Programm haben. Das allein steht schon im Deutsche-Welle-Gesetz. Die Frage ist, welche Ausspielwege - in diesem Fall das lineare Fernsehen." Limbourgs Kritiker setzten diese Aussagen in eine Beziehung zu den Plänen des Intendanten, das englische Programm zu Lasten anderer Sprachen zu stärken - im April 2015 soll DW News gestartet werden. Die Kritiker schlagen Alarm.

Eine hochkarätige Protestgemeinde aus Wissenschaftlern und Kulturleuten wehrt sich in einem Offenen Brief gegen Limbourgs Kurs, das deutsche, spanische und arabische TV-Programm in dem Fall zu schließen, dass der Bundeszuschuss beim gegenwärtigen Stand bleibe. "Die chronische Unterfinanzierung der Deutschen Welle darf nicht dazu führen, dass das Herz des Programms zerstört wird (...) Sprache ist zentral für die Identität eines Landes. Mit dem Verlust der deutschen Sprache würde die Deutsche Welle auch ihre Blickwinkel und Themen verlieren."

Das steht in dem Offenen Brief, den 130 alarmierte Menschen unterschrieben haben: Die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller ist ebenso unter den Unterzeichnern wie der Pianist Alfred Brendel, die Filmregisseure Fatih Akin, Volker Schlöndorff und Andreas Dresen, die Autoren Felicitas Hoppe, Ingo Schulze und Martin Walser, die Wissenschaftler Herfried Münkler und Wolf Lepenies, die Sängerin Patricia Kaas, der Dirigent Christian Thielemann, die ehemalige Kulturstaatsministerin Christina Weiss und viele andere. "Wir Unterzeichner rufen die politisch Verantwortlichen auf, die Pläne zu stoppen. Die Deutsche Welle muss in ihrer Sprachenvielfalt erhalten bleiben!"

Der FAZ-Medienexperte Michael Hanfeld schrieb in diesem Zusammenhang: "Man stelle sich vor, es gäbe die BBC nicht mehr auf Englisch oder France 24 nicht mehr en français. Die Senderchefs hätten es noch nicht ausgesprochen, da säßen sie schon auf der Straße." Es sei der denkbar ungünstigste Zeitpunkt, mit der "German Wave" alias Neue Deutsche Welle zu drohen, kommentiert Hanfeld.

Doch der Kurs scheint festzustehen: Am vergangenen Montag hat der Verwaltungsrat der DW sein Placet für Limbourgs Pläne gegeben. Der Ausbau der englischen Informationsangebote insbesondere in Fernsehen und Internet steht dabei im Zentrum. Nicht nur der Deutsche Kulturrat bezweifelt, dass das der "Kernauftrag der Deutschen Welle" ist.

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