Beethoven-Nacht Wintermorgen in Istanbul

Bonn · Das Beethoven Orchester feiert den Komponisten zum Tauftag traditionell mit der langen Beethoven-Nacht. In der Kreuzkirche nimmt der türkische Pianist Fazil Say den Beethovenpreis für Menschenrechte entgegen.

Er versteht sich als "Brückenbauer zwischen den Kulturen" und setzt sich für deren Dialog ein: der 1970 in Ankara geborene Komponist und Pianist Fazil Say. Dafür ist er jetzt mit dem an Maximen Beethovens orientierten, mit 10.000 Euro dotierten "Internationalen Beethovenpreis für Menschenrechte, Frieden, Freiheit, Armutsbekämpfung und Inklusion" der im März dieses Jahres von Torsten Schreiber und Andreas Loesch gegründeten "Beethoven Akademie" ausgezeichnet worden. Die Verleihung fand just zu Beethovens Tauftagsjubiläum im Rahmen eines Benefiz-Konzerts zugunsten der von der "Akademie" ins Werk gesetzten "Musikprojekte in Krisengebieten" in der übervollen Bonner Kreuzkirche statt.

Für die Laudatio war mit Can Dündar ein enger Freund Says gebeten worden. Indes löste allein die Ankündigung derart "starke Reaktionen in Europa und der Türkei" aus, dass der wegen seiner kritischen Recherchen von der türkischen Regierung geschasste Chefredakteur der Tageszeitung "Cumhuriyet" zurückzog. Unabhängig davon, wie letztlich eine solche Absage zu bewerten ist, sorgte der Verzicht für weitere öffentliche Aufmerksamkeit und Solidarität mit all jenen Kräften, die für Menschenrechte und Pressefreiheit eintreten.

Für die Preisverleihung beschränkte man sich nun auf die Moderation durch Volker Michael vom Deutschlandfunk. Deutschlandradio Kultur wird den Abend am zweiten Weihnachtsfeiertag ab 20.03 Uhr ausstrahlen. Musikalisch wurde nach Synergie-Effekten zwischen Orient und Okzident gesucht. Zunächst aber wurde Beethoven gehuldigt mit dem munter dialogisierenden Rondo aus seinem Es-Dur Bläsersextett durch Studierende der Hochschule Trossingen in einer Quintett-Fassung.

Die Bonner Pianistin Luisa Imorde machte das Publikum mit einem Zyklus kurzer Charakterpièces des 1991 verstorbenen türkischen Komponisten Ahmed Adnan Saygun bekannt, der in der Schumann- und Grieg-Tradition steht. Im Anschluss war der Beethovenpreisträger des Vorjahres, der 1988 in Damaskus geborene Sänger und Pianist Aeham Ahmad, mit einem zwischen kraftvoller Attacke und sanften Lyrismen oszillierenden Stück zu hören.

Nachdem die griechische Pianistin Theodosia Ntokou den Finalsatz aus Beethovens d-Moll-Sonate aus op. 31 beigesteuert hatte, wurden von einem türkisch-arabischen Ensemble zwei orientalische Volkslieder vorgestellt, die ein wenig an Yo-Yo Mas Seidenstraßen-Projekt erinnerten. Das Klavierduo der Schwestern Ferhan und Ferzan Önder ließ sodann erstmals den Preisträger Fazil Say musikalisch zu Wort kommen mit den von ihm komponierten Impressionen "Wintermorgen in Istanbul", gefolgt von Astor Piazzollas pianistisch überschäumendem Libertango. Mit Teilen aus Fasil Says Bläserquintett op. 35 waren nochmals die jungen Gäste aus Trossingen zu hören, bevor es dann unter lang anhaltendem Applaus an die Preisverleihung ging.

Die an Skulpturen Henry Moors erinnernde Trophäe aus Alabaster hatte der Bildhauer Dirk Wilhelm geschaffen. Nach der Preisübergabe bedankte sich Fazil Say mit seiner Komposition "Schwarze Erde", ein bisweilen wie improvisiert anmutendes Werk höchster Expressivität, das das Klavier neben der konventionellen Spielweise durch mit der Hand gedämpfte Saiten zur Kopie einer perkussiv gespielten Saz (Langhalslaute) werden lässt.

Gewidmet hat es der Komponist den Toten des Syrienkriegs und verband seine musikalische Verbeugung mit dem Wunsch, dass man, ohne die Kontrahenten zu nennen, "gute Freunde" bleiben möge. Die Zustimmung des Publikums war einhellig. Zum Abschluss sang Bonn Voice unter Tono Wissing einige seiner Highlights.

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