Shakespeare Komödie "Wie es euch gefällt" am Schauspiel Köln

Bonn · Der will nicht nur spielen: Knurrend wie ein Pitbull rennt des Herzogs Ringer Charles an der Hundeleine fast ins Parkett und macht klar: Bei Hofe herrschen blanke Machtgier und Brutalität. Wenn dann Fürst Frederick als knallharter Impresario alle Mitwirkenden wie Puppen tanzen lässt, glückt Roger Vontobel im Depot 1 des Kölner Schauspiels ein brillanter Einstieg in Shakespeares Komödie "Wie es euch gefällt".

 Höfische Welt und Zauberwald werden auf Claudia Rohners Bühne geschickt ineinander geblendet. FOTO: DAVID BALTZER

Höfische Welt und Zauberwald werden auf Claudia Rohners Bühne geschickt ineinander geblendet. FOTO: DAVID BALTZER

Den Hof markiert auf Claudia Rohners ausgeklügelt-schlichter Bühne ein pinkfarbenes Pop-Puzzle (Aufschrift: "Golden Cage"), dessen schlichte Rückseite den Wald von Arden heraufbeschwört. Dort finden sich bald fast alle wieder: Orlando, der Charles besiegt und nun ebenso verbannt wird wie Rosalinde, die sogleich für den Recken Entflammte. Als Tochter von Fredericks entmachtetem Bruder war sie ohnehin nur dank ihrer Cousine Celia (burschikos: Melanie Kretschmann) bei Hofe geduldet, die nun ebenfalls den Koffer packt.

Doch dort, in der Natur abseits des goldenen Käfigs, werden sie einander gerade dann verfehlen, wenn sie sich begegnen. Schon bei Shakespeare ist dieser flirrende Rollen- und Verkleidungswirbel kompliziert, doch Vontobel dreht die Schraube noch ein wenig weiter: Niklas Kohrt spielt Rosalinde, die in Männerkluft (da reicht der nackte Oberkörper) in den Wald geht und dort Orlando gewissermaßen zum Liebes-Exorzismus eine zickige Rosalinde vorgaukelt. Alles klar?

Katharina Schmalenberg verkörpert derweil schmächtig den Orlando, während Diener Adam (Henriette Thimig) auch eher Eva heißen sollte. Gewiss, zu Shakespeares Zeiten waren alle Rollen mit Männern besetzt, doch bleibt schon fraglich, was die Crossdresserei hier ist: Schlüssel zur tieferen Identitätskrise der Figuren oder entbehrliche Pirouette. Auf jeden Fall legt dieser Kunstgriff die Latte fürs famose Kölner Ensemble höher. Schmalenberg verzichtet auf Macker-Attitüde und dekliniert sensibel alle Spielarten des Liebesleids durch. Kohrt absolviert den Seiltanz zwischen den Geschlechtern meist kontrolliert, kleinere Ausrutscher ins Tuntige inklusive. Und er wirkt immer dann komisch, wenn er als Frau männliche Posen imitiert. Die sichtbare Anziehungskraft zwischen beiden tendiert freilich in diesem arg artifiziellen Rahmen gegen null. Erst wenn später Phoebe (Lou Zöllkau) und Silvius (Thomas Brandt) über breite Publikumsblöcke hinweg ihre Beziehungsnöte bekennen, spürt man, was Schmerz und Begierde anrichten können.

Ohnehin scheint der Bochumer Hausregisseur weniger vom Ausmessen emotionaler Abgründe als von Verwandlungszauber und clowneskem Spiel fasziniert. Und beides glückt makellos: Robert Dölle muss nur die getönte Zuhälterbrille abnehmen, schon mutiert er vom beängstigend bösen Herzog zum milden Bruder.

Johannes Benecke ist tierischer Ringer und weltschmerzlicher Narr, Stefko Hanushevsky glänzt als Intrigant und Musikant. "Die ganze Welt ist eine Bühne" - dieses Leitmotiv wird hier zum gern wiederholten Gassenhauer, und wenn die Verbannten in Arden als Naturburschen-Combo Tiere imitieren oder sich in Bäume verwandeln, gewinnt der Abend surreale Schwerelosigkeit. Auch dank visueller Magie, wobei Orlandos bunte Liebeszettel dem Wald zu farbsprühendem Blattwerk verhelfen.

So überstrahlt dieses Feuerwerk der Fantasie letztlich sogar die Schwäche im Zentrum der Inszenierung. Und konsequent gebührt die Krone Benjamin Höppners hinreißendem Touchstone, der die Liebe als Narrenspiel entlarvt. Angemessener Beifall.

Nächste Termine: 12., 13., 15. und 31. Mai, jeweils 19.30 Uhr. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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