Französische Komödie "Toutou" Wenn der Fressnapf lockt

BAD GODESBERG · Alex kommt nach Hause - mit Leine, aber ohne Hund. Toutou ist weg. Hat sich einfach so davongemacht. Und plötzlich ist nichts mehr, wie es war in der Ehe von Alex und Zoé.

 Der Hund ist weg: Zoé (Margot Maria Paar) und ihr Gatte Alex (Alfons Noventa).

Der Hund ist weg: Zoé (Margot Maria Paar) und ihr Gatte Alex (Alfons Noventa).

Foto: Friedhelm Schulz

Denn seit der erwachsene Sohn nach New York gezogen ist, dreht sich bei dem soignierten Pariser Paar alles um den reizenden Vierbeiner. Mit dessen Verschwinden hat der erfahrene Krisenmanager Alex nun selbst eine handfeste Krise am Hals. Das beginnt schon mit der Uneinigkeit über die Farbe des Köters (golden oder grau?) und steigert sich zu einem hübsch giftigen verbalen Schlagabtausch.

In seiner Komödie "Toutou", die am Wochenende ihre Premiere am Kleinen Theater Bad Godesberg feierte, lässt das französische Autoren-Team Daniel Besse und Agnés Tutenuit (auch im wirklichen Leben ein Paar) die Fassade des bürgerlichen Familienglücks nach und nach zerbröckeln.

Der verwöhnte Toutou ist eben nicht nur ein Hund, sondern der Mittelpunkt einer in die Jahre gekommenen Zweierbeziehung. Mit dem Vorteil, dass er nicht widersprechen kann und geduldig als Projektionsfläche der Gefühle herhalten muss. Ist er also bewusst geflohen oder wollte er nur mal frei die Gegend erschnüffeln? Oder hat Alex ihn einfach vergessen angesichts der hübschen Nachbarin, die stets zur gleichen Zeit ihren Fifi Gassi führt? Der unsichtbare Held behält Herrchen und Frauchen jedenfalls einen Abend lang fest im Griff.

Regisseurin Susanna Szamelt hat die ansonsten eher dünne Geschichte in der eleganten Ausstattung von Margot Maria Paar adrett aufgepäppelt und provoziert mit geschickt gesetzten sprachlichen Pointen allfällige Lacher. Paar pendelt als blonde Zoé energisch zwischen Hysterie, Aggression und tiefer Verzweiflung, sucht Trost beim leeren Hundekörbchen und bellt ihrem Gatten allerhand Bosheiten um die Ohren. Alfons Noventa gibt den tapfer allen Anfechtungen widerstehenden Macho Alex, der das Gekläff allmählich ebenso satt hat wie alle Hundehalsbänder und Wauwaus, die ihre Menschen vorführen.

Ein Köter kostet bloß Raum, Zeit und Geld, findet auch Freund Pavel, der zu später Stunde aus Rom hereinschneit. Der exzellente Schauspieler Leo Braune bringt in der Rolle des schüchternen Architekten (Spezialität Kinderkliniken) ordentlich Bewegung in die verfahrene Situation. Mit Pavels eigener Beziehungskiste steht es gerade nicht zum Besten, was ihn unter diversen Vorwänden immer wieder zurückdackeln lässt zu seinen entnervten Gastgebern.

Denen nützt es freilich auch nicht mehr viel, wenn er sich zwecks Hochprozentigem und Schlafstelle mal mit Alex und mal mit Zoé verbündet. Dass neben allen Pariser Taxifahrern bissige Hunde sitzen, grenzt indes schon an Halluzinationen. Das eheliche Zähnefletschen bleibt dagegen harmlos. Denn eins ist sicher: Wenn der Fressnapf lockt, werden Haustiere zu Menschenfreuden und finden ihr braves Dienstpersonal wahrscheinlich animalisch albern. Freundlicher Beifall für ein auf sanften Pfoten mit leichtem Zynismus zwei heitere Stunden lang über den Boulevard schleichendes Lustspiel.

Nächste Vorstellungen bis zum 20.3. täglich um 20.00 Uhr, weitere Aufführungen bis zum 13.4. Karten unter Tel. 0228-362839, Spielplan-Infos im Internet: kleinestheater-badgodesberg.de.

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