Gürzenich-Orchester in der Philharmonie Wenn das Instrument singt

KÖLN · Die sonntägliche Matinee des Gürzenich-Orchesters in der Philharmonie glich einem familiären Treffen. Ein Geiger hatte seine Brille vergessen, der verzögerte Auftritt wurde mit Solistenapplaus gewürdigt.

 Eine knappe Stunde dauert Sergej Prokofjews Sinfonisches Konzert für Violoncello und Orchester. Das Foto zeigt den Solisten Daniel Müller-Schott bei einer Probe mit dem Kölner Gürzenich-Orchester.

Eine knappe Stunde dauert Sergej Prokofjews Sinfonisches Konzert für Violoncello und Orchester. Das Foto zeigt den Solisten Daniel Müller-Schott bei einer Probe mit dem Kölner Gürzenich-Orchester.

Foto: Thomas Brill

In der nun bald endenden Saison ohne Chefdirigent beflügelt diesen Team-Sinn natürlich das Gastspiel des beliebten Ehrendirigenten Dmitrij Kitajenko, dem väterlich weisen Freund des Orchesters, der gern "das Russische" dem Rheinland näher bringt.

Als Kitajenko 1976 Chef der Moskauer Philharmoniker wurde, erblickte in München ein Kind die Welt, das sich ganz dem Cellospiel verschreiben sollte. Daniel Müller-Schott ist heute ein international agierender Cello-Solist, der auch das abseitige Repertoire liebt. Dazu zählt das "Sinfonische Konzert für Violoncello und Orchester" von Sergej Prokofjew.

Eine knappe Stunde singt das Cello in diesem konzertanten Werk. Selbst in den kurz aufwallenden Interludien des Orchesters bleibt der Cellist geistiges Zentrum - und greift gleich wieder ein Motiv auf, wirft sich in Doppelgriffe, Glissandi und Schleifer, lässt den Bogen auf den Saiten hüpfen und streicht ganze Akkorde ab.

Müller-Schott singt dieses Stück seelenvoll auf seinem edlen Cello, intonationssicher in den heikelsten Lagen und Geschwindigkeiten. Kitajenko leitete dezent, aber wirkungsvoll.

Als Sibelius Italien bereiste, um sich künstlerisch inspirieren zu lassen, war seine Heimat noch russisch. Seine zweite Sinfonie lieferte daher in Finnland Unerhörtes. Kitajenko hatte mit seinem Gürzenich-Orchester die Unisono-Themen eindrucksvoll gestaltet.

Er zeigt jeden wichtigen Einsatz mit mühelosem Fingerschnippen, nie für das Parkett, nur für die Musik. Er führte die langen Wege in dieser Sinfonie zusammen zum rauschenden Finale, dem ein spitzer vereinzelter Schrei spontan Bravo zollte. Das Volk stimmte zu.

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