Premiere für "Der zerbrochne Krug" Weises Abschiedsgeschenk

Bonn · Dies ist keine Inszenierung wie jede andere. Mit Heinrich von Kleists Lustspiel "Der zerbrochne Krug" verabschiedet sich Klaus Weise als Regisseur aus Bonn. Am Freitag hat die letzte Premiere des scheidenden Generalintendanten Premiere in den Kammerspielen.

 "Es soll Lust machen": Szene aus Klaus Weises "Zerbrochener Krug".

"Es soll Lust machen": Szene aus Klaus Weises "Zerbrochener Krug".

Foto: Thilo Beu

Während der Proben hat Weise (fast) keinen Gedanken an die Zukunft verschwendet. Allerdings, bekennt er im Gespräch, werde er bisweilen "zur Stunde des Henkers" munter. Und dann "beschleicht einen das Gefühl der Vergänglichkeit", dann, gibt er zu, "ist das große Nichts da". Weise sagt das nicht mit larmoyantem Termolo, sondern gelassen, mit entspannter Einsicht in den Lauf der Dinge.

Zurück zu Leichtigkeit, Witz und Komik - also Kleist. Der Abend mit dem Autor (1777- 1811) ist Frucht einer Liebesgeschichte. Klaus Weise kennt den deutschen Klassiker, und er bewundert und verehrt ihn. Schnell gerät er ins Schwärmen, wenn er vom Sprachvirtuosen Kleist erzählt, der Musikalität seiner Prosa, der Originalität der Bilder.

Der hohe Ton, fügt der Regisseur hinzu, bedeute eine permanente Herausforderung für die Schauspieler. Weise hat sich ein Lustspiel für seine Bonner Dernière ausgesucht, also sagt er: "Es soll Lust machen." Die Inszenierung versteht er als Abschiedsgeschenk ans Publikum, an sich selbst - und an die Schauspieler. Lauter tolle Rollen biete das 1808 in Weimar durch Goethe uraufgeführte Drama.

Die von Weise und Kleist Beschenkten sind Ralf Drexler, der den Dorfrichter Adam verkörpert. Bernd Braun gibt den Gerichtsrat Walter. Anastasia Gubareva hat die Rolle der Eve übernommen, Susanne Bredehöft spielt ihre Mutter. Johannes Lepper (Veit Tümpel) und Dennis Pörtner (Ruprecht) repräsentieren das bäuerliche Milieu, aus dieser Vater-Sohn-Konstellation werden herrliche Beziehungs-Miniaturen, verspricht Weise, darüber sei er "richtig glücklich". Birger Frehse hat die Rolle des Schreibers Licht übernommen.

Kleists berühmte Geschichte erzählt von den fragwürdigen erotischen Avancen eines Außenseiters. Die Szene ist ein niederländisches Dorf bei Utrecht im 18. Jahrhundert. Der kahlköpfige und klumpfüßige Dorfrichter Adam stellt Eve nach, der Tochter der Witwe Marthe Rull. Um sie gefügig zu machen, verspricht Adam Eve ein Attest, das ihren Verlobten Ruprecht vom Militärdienst in den Kolonien befreien soll.

Weises Inszenierung strebt keinen rigiden Historismus an, schon gar nicht eine platte Übersetzung in die Gegenwart. Also keine Verweise auf Syrien, Libyen, Afghanistan. Martin Kukulies' Bühne werde eine "raffinierte Gegenwart" spiegeln, deutet der Regisseur an - um dann im Schnelldurchlauf die durchaus ernsten Themen des Lustspiels zu benennen. Als da wären die Legitimation und Interessen eines Staates, der Soldaten für koloniale Interessen einsetzt. Funktionen und Aufgaben von militärischem Personal stünden so zur Disposition einer neuen Staatsräson. Das ist das eine, was möglicherweise morgen im "Zerbrochnen Krug" zum Ausdruck kommt. Die Details seiner Regie behält Weise für sich.

Was ihn seit jeher besonders fasziniert, sind Kleists Frauenfiguren im Allgemeinen und - im Hinblick auf die Premiere heute - Eves Geschichte im Besonderen. Eine junge Frau, die zum Spielball wird, zum Opfer eines Mannes, der ein Meister der Lüge ist. Ein Riss geht plötzlich durch Eves Welt, befindet Weise. Das verunsichert sie, macht sie misstrauisch angesichts der Undurchdringlichkeit von Schein und Sein. Kurz gesagt, sie wird erwachsen. Weises "Zerbrochner Krug" wird seinen Ausführungen nach ein Lustspiel sein, aber eines, das auch Schmerzen verursacht. Ein besonderes Abschiedsgeschenk eben.

Premiere: Am Freitag, 19.30 Uhr, in den Kammerspielen Bad Godesberg. Weitere Vorstellungen am 25. und 28. April, 2., 5., 8., 18., 24., und 29. Mai. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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