Thespis-Festakt Weise sagt Teilnahme wegen Nimptschs Anwesenheit ab

Bonn · Sie werden keine Freunde mehr, der Generalintendant Klaus Weise und Jürgen Nimptsch, Oberbürgermeister der Stadt Bonn. Weil dieser am kommenden Sonntag bei der Verleihung des Theaterpreises Thepsis der Freunde der Kammerspiele im Theater in Bad Godesberg anwesend sein wird, will Weise passen.

"Ich habe keine Lust auf ritualisierte Geschichten", sagte Weise dieser Zeitung. Hintergrund seines Ärgers sind nicht nur Nimptschs Pläne für eine Opernfusion von Köln und Bonn, sondern ist ganz konkret der unlängst bei einer Kanzelrede in der Kreuzkirche lancierte Vorschlag, dem Theater ab 2018 vier Millionen Euro aus dem Etat zu streichen und damit zu Teilen den Sport und die freie Szene "zu beglücken", wie Weise kritisiert.

"Wenn sich jemand derart dezidiert gegen das Theater wendet und schon gleich das Geld verteilt, kann ich nicht dabei sein", sagte Weise, der als Laudator für den Thespis-Preis vorgesehen war. "Da kauft sich einer auf Kosten des Theaters bei den Sportfreunden und den Freien ein - das ist reinster Wahlkampf", kritisierte er Nimptsch.

Der Generalintendant ist auch sauer auf die Theaterfreunde und deren Vorsitzenden Kurt P. Tudyka, der ihn um die Laudatio gebeten hatte. Das Mindeste sei, dass der Verein auf Nimptschs Vorschläge reagiere. "Ich hatte Herrn Tudyka vorgeschlagen, sich mit den Theaterfreunden zu positionieren und Nimptsch mitzuteilen, dass seine Anwesenheit nicht erwünscht sei." Doch die Theaterfreunde hielten, so Weise, still, in der vagen Hoffnung, Nimptsch würde die Kammerspiele erhalten.

Wie könne ein OB, der so eindeutig gegen das Theater arbeite als offizieller Vertreter der Stadt bei der Preisverleihung auftreten, fragt sich der Generalintendant, der schon bei der Theaterfreunde-Veranstaltung im vergangenen Jahr kritisch auf Nimptschs Opernfusionspläne eingegangen war.

Dieses Jahr hätte er nachlegen müssen, weil sich an der kulturellen Situation nichts geändert habe: "Auf so einen ritualisierten Protest habe ich keine Lust", sagte er, der sich eigentlich auf den Festakt gefreut hatte. Es sei eine der letzten Feiern, bei denen das alte Ensemble zusammenkomme, meinte Weise, bevor alle mit dem Ende von Weises Intendanz auseinandergehen.

Nimptsch sei letztlich der Verantwortliche für diese Situation der Auflösung, denn er sei nicht auf seine Sparvorschläge - die unter den geforderten 3,5 Millionen Euro pro Jahr lagen - eingegangen sei, klagte Weise. Der OB habe den Generalintendanten förmlich zur Demission gezwungen.

Außerdem lasse Nimptsch keine Gelegenheit aus, öffentlich gegen die Finanzausstattung des Bonner Theaters zu wettern. Weise, der mit seiner Absage ein Zeichen setzen will und keine Lust mehr hat, mit Alibiveranstaltungen "kulturpolitisch verwurstet zu werden", hielt es gegenüber dieser Zeitung mit Bertolt Brecht: "Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber."

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