Wagner für Einsteiger "Walküre" feiert Premiere in Kölner Oper

Köln · Kölner Oper bringt die „Walküre“ in einer 75-Minuten-Fassung auf die Bühne des StaatenHauses. Alle Protagonisten singen wunderbar.

 Wunderbar anrührend: Insik Choi (Wotan) und Jessica Stavros (Brünnhilde).

Wunderbar anrührend: Insik Choi (Wotan) und Jessica Stavros (Brünnhilde).

Foto: Leclaire

"Hojotoho! Heiaha! Heiaha!“ Der Kriegsgesang der Walküren sägt in den Ohren, ihre Pfeile fliegen aktuell scharf durch das StaatenHaus der Kölner Oper. Der erste Tag (und zweite Abend) in Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ ist den Kriegstöchtern des Göttervaters Wotan gewidmet, allen voran Brünnhilde, Wotans Wunschmaid. Eine Spezialversion des ausladenden Bühnenstücks für Kinder ab acht Jahren und Opern-Einsteiger presste die Handlung auf 75 Minuten Spiellänge zusammen, ohne beim jungen Publikum und Nicht-Wagnerianern den Eindruck eines Fragments zu hinterlassen. Die Walküre, eine vielschichtig verwickelte Handlung, wurde im Götterhimmel aufgedröselt.

Natürlich bleibt Wagners poetische Sprache für Kinder fremd bis unverständlich. Allein die Namen der Akteure schweben abseits jedes Alltagsbezugs, es sei denn, Schwertleite oder Rossweise dienten zufällig einem Hamsterpärchen als Kennung oder ein Hund namens Wotan bewache den Clan.

Aber Regisseurin Brigitta Gillessen und der musikalische Leiter Rainer Mühlbach, die Schmiede für den „Kleinen Ring“, haben singspielhaft Textstrecken eingesetzt, um das Geschehen nochmals zu erhellen oder sogar als Scherenschnitt-Theater im Hintergrund in Szene zu setzen. „Walhalla“, die Götterburg, steht noch aus der Rheingold-Produktion und fungiert auch als Kasperle-Bühne.

Die Weltesche in Hundings Hütte und ein Felsplateau komplettieren die Bühne von Christof Cremer, der die Menschen wie Indianer kostümiert und die Walküren wie Punkerinnen aufdonnert. Das ist alles gewohnt liebevoll angerichtet. Das Gürzenich-Orchester in seiner gestutzten Formation für das Kammer-Arrangement von Stefan Behrisch agiert vorwiegend solistisch, auch hier werden Schlachten geschlagen, z.B. wenn der einzige Kontrabass auf eine Blechlawine trifft.

Kein Wagner ohne Gebrüll

Aber diese Herausforderungen machen natürlich auch Spaß, das ist schon etwas Besonderes. Das Ensemble sitzt neben der Bühne, und vielleicht weiß der Dirigent Mühlbach gar nicht, welche Lautstärke seine Sängersolisten da direkt auf die lieben Kleinen abstrahlen.

Alle Protagonisten singen wunderbar, anrührend Young Woo Kim und Claudia Rohrbach als Liebespaar Siegmund und Sieglinde. Yunus Schahinger bellt als wilder Hunding, majestätisch überstrahlt Insik Choi als Wotan seine Kinder. Und auch Jessica Stavros als Brünnhilde, die die Liebe retten will, setzt starke Akzente. Alle können so bewegend und schön klingen, aber besonders die jungen Pferde drehen auf, als stünden sie auf einer Seebühne ohne Tontechnik. Kein Wagner ohne Gebrüll, diese Erfahrung setzt sich leicht fest, nicht nur bei jungen Menschen. Das Vorurteil unerbittlicher Längen in den Wagner-Opern wird hier prima außer Kraft gesetzt.

Die Sänger setzten in ihren Arien auf gestalterische Gesangslinien, daher benötigt der Hörer Textprojektionen. Alles, was sich irgendwie bildhaft erklären lässt, wird ausgenutzt. Und wenn auch Brünnhilde im finalen Bühnenschlaf aussieht, als ruhe sie auf einem gigantischen Suppentopf auf echter Flamme – die Gestaltung, die Nähe zum Geschehen, das engagierte Orchester und die tollen Stimmen in dieser Produktion überzeugen; vielleicht eher die Einsteiger als die Kinder.

Dauer: ca. 75 Minuten.
Vorstellungen: 27./31.10 und 2./3./4. /9./14./15./16./17./22./23./24.11 und 1./5./6.12.

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