Wahrheit kommt in Rolandseck ans Licht

Arp Museum zeigt Ausschnitt der Sammlung des Landes Rheinland-Pfalz: Skulpturen von Hans Arp sowie Zeichnungen und Tapisserien von Sophie Taeuber-Arp - Isa Melsheimer bespielt den Bahnhof

Wahrheit kommt in Rolandseck ans Licht
Foto: Fischer

Rolandseck. Zwischen "Milchstraßenträne" und "Schubladenkopf", inmitten der "Drei Grazien" und eines "Purzelbaumes" aus Bronze erstreckt sich das neue Arp-Panorama in Remagen Rolandseck. Ein Ensemble aus 34 Skulpturen von Hans Arp ist buchstäblich in neuem Licht zu sehen: Erstmals wurden die Dachfenster des Meier-Baus für das Tageslicht geöffnet - das Ergebnis ist ein aufschlussreicher Blick auf über 30 Schaffensjahre, auf die Genese der Arpschen Formen, die Metamorphosen naturnaher Körper, das Spiel mit Oberflächen, Volumina und Materialien von der Bronze über Zement und Glas bis Aluminium.

Die sehr klare, konzentrierte und kühl inszenierte Schau soll auch im übertragenen Sinn "Licht auf Arp" werfen, denn hier ist ein kleiner Teil der seit 1996 für zehn Millionen Euro über den Arp-Verein erworbenen Bestände des Landes Rheinland-Pfalz zu sehen. 404 Werke von Hans Arp und seiner Frau Sophie Taeuber-Arp umfasst die umstrittene Landes-Sammlung. Dass bei manchem Stück die Provenienz, also Herkunft nicht ganz zu klären ist, räumt Museumschef Klaus Gallwitz ein; und dass etliche Arp-Werke der Sammlung erst nach dem Tod des Künstlers entstanden, ruft zu Recht Kritiker auf den Plan.

Der ganze schmuddelige Arp-Komplex rund um posthume Güsse, die Machenschaften des Vereins und die Versäumnisse einer Landesregierung, die nur den schmucken, unter anderem mit Bundesmitteln finanzierten Museumsbau im Kopf hatte, sind Inhalt eines Untersuchungsausschusses im Mainzer Landtag. "Licht auf Arp" stellt nun als Vorspiel zum Symposium "Posthume Güsse" im September die Landessammlung zur Diskussion, soll die Klarheit schaffen, die eigentlich vor Ankauf der Landessammlung hätte herrschen sollen.

Arps Skulpturen-Panorama in "Licht auf Arp" - zu dem auch 14 posthume Güsse und eine etwas problematische Glasarbeit gehören - leitet über in einen unstrittigen, sehr anregenden Komplex: 40 Werke von Sophie Taueber-Arp und Gemeinschaftsarbeiten mit Hans Arp aus Landesbesitz geben einen Einblick in das Oeuvre dieser faszinierenden Künstlerin. Abstrakt-geometrische Zeichnungen, Collagen und Textilarbeiten lassen Sophie als den wendigeren, inspirierenderen Part des Arp-Duos erscheinen. Seit 1917 waren Sophie und der drei Jahre ältere Hans ein Paar und zugleich ein kreatives Team in den wilden Dada-Jahren. Der tragische Tod der Künstlerin im Jahr 1943 stürzte Hans Arp in eine tiefe Krise. In seinem Gedicht "Sophie" heißt es: "Seitdem du gestorben bist, danke ich jedem vergehenden Tag. Jeder vergangene Tag bringt mich dir näher."

Die kleine Auswahl im Rahmen von "Licht auf Arp" macht Lust auf mehr, auf eine größere Werkschau Sophie Taueber-Arps und ein großzügigeres Zeitpanorama. Das Arp-Doppel wird von einer außergewöhnlichen Ausstellung im Bahnhof Rolandseck ergänzt: Isa Melsheimer löst dort Anton Henning ab. "Fremdenzimmer", so der Titel des vor Ort realisierten Projekts, spielt einerseits mit der Geschichte und ehemaligen Funktion des Bahnhofs - als Wartesaal - öffnet andererseits völlig neue Räume.

So entstehen durch das Abhängen einer Decke oder Abtrennung einer Zelle verblüffende Situationen. Melsheimer zitiert mit kunstvoller Stickerei schnöde Bahnhofs-Graffiti und historistische Wandmalerei, greift auf triviale Bildwelten zurück, lässt sich herrlich ironisch auf die Postmoderne von Shopping-Malls in Istanbul ein, die sie fein hintergründig mit dem Meier-Bau des Arp-Museums in Beziehung setzt. Melsheimers intelligente Intervention muss man gesehen haben.

Arp Museum Rolandseck; bis 28. September, Di-So 11-18 Uhr

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