Große Meister auf dem Laufsteg Von Michelangelo über Monet bis Lagerfeld: das Programm 2015 der Bundeskunsthalle

BONN · Michelangelo und Claude Monet, Karl Lagerfeld und Vincent van Gogh, Hanne Darboven und der Zauber der Fidschi-Inseln. Mit dem Programm für 2015, das Intendant Rein Wolfs gestern vorstellte, wird das Bundeskunsthallen-Publikum für das (wie berichtet: aus Spargründen) etwas mager geratene Ausstellungsjahr 2014 entschädigt.

Mehr noch: Man darf sich auf ein überaus spannendes, streckenweise sensationelles Programm freuen. Zwei große Publikumsausstellungen rahmen das Jahr im Bonner Haus ein. Da ist ab Februar eine vielversprechende Hommage an den vor 450 Jahren gestorbenen Renaissance-Star Michelangelo, der zu Lebzeiten schon als "Il Divino", der Göttliche, gefeiert wurde und eigentlich nie aufgehört hat, für Kunstfreunde und Künstler attraktiv zu sein. Von dieser einzigartigen, Jahrhunderte und Epochen übergreifenden Faszination erzählt die Ausstellung "Der Göttliche". Tintoretto und Rubens, Delacroix, aber auch Cézanne, Moore und Mapplethorpe haben den großartigen Michelangelo studiert und sich von ihm inspirieren lassen.

Die zweite Schau mit Blockbuster-Potenzial wird ab Oktober 2015 die Ausstellung "Japans Liebe zum Impressionismus" sein. Dabei dürften nicht nur die großen Namen wie Monet, Manet, Gauguin, Pissaro und van Gogh ins Gewicht fallen, sondern auch die Tatsache, dass die meisten dieser Arbeiten aus japanischen Sammlungen noch nie in Europa zu sehen waren. So wie sich die Gesellschaft Europas seit Jahrhunderten nach Fernost sehnte, Chinoiserien liebte und sich vom Japonismus begeistern ließ, interessierten sich die Japaner seit dem Eintritt in den internationalen Handel im Jahr 1855 brennend für die Malerei der Impressionisten in Europa. Nationale Museen wie auch Firmensammlungen und private Kunstfreunde griffen auf dem Kunstmarkt zu. Das Ergebnis sind vorzügliche Ensembles impressionistischer Malerei, die in Europa weitgehend unbekannt sind.

Eine weitere Ausstellung der Bundeskunsthalle wird wohl für Schlagzeilen sorgen - von den führenden Feuilletons bis zu den Society-Seiten in der "Bunten": Modezar Karl Lagerfeld wird breit in Bonn präsentiert, wobei man sich von bislang gezeigten Formaten unterscheiden will - 1998 konnte man etwa Lagerfelds Fotos im Bonner Kunstmuseum bewundern. Die Bundeskunsthalle wird anders an das Phänomen Lagerfeld herangehen. Es geht um die Methode Lagerfeld, das Prinzip, nach dem sein Imperium funktioniert. Er hat für die Häuser Balimain, Patou, Fendi, Cloé und Chanel gearbeitet, dessen künstlerischer Direktor und Chefdesigner er seit 1983 ist. Und ohnehin ist er der legitime Nachfolger der Legende Coco Chanel. Doch nicht nur die Laufstege der bedeutendsten Modehäuser hat er bespielt, er hat auch 2004 als erster Modestar für H&M eine Linie entworfen und damit einen Trend kreiert, dem etwa Stella McCartney, Comme des Garçons und Versace gefolgt sind. "Karl Lagerfeld. Modemethode" (ab Ende März) verspricht aufregende Einsichten.

Die von Intendant Wolfs bei Amtsantritt 2013 angekündigte Verstärkung der Programmschiene zur zeitgenössischen Kunst wird 2015 sichtbare Konturen bekommen. Petrit Halilaj, 28-jähriger Künstler aus dem Kosovo und Vertreter seines Landes bei der Kunstbiennale Venedig 2013, bekommt eine Ausstellung. Wolfs kuratiert das Gastspiel dieses eminent interessanten Künstlers, der seit seiner Ausstellung 2011 im Bonner Kunstverein ("Ernste Tiere") in nachdrücklicher Erinnerung ist. In seinen Installationen und Fotoarbeiten reflektiert der in Berlin lebende Künstler das Trauma des Kosovo-Krieges und erzählt die Geschichte Europas als Geschichte geteilter Nationen.

Ein weiteres Projekt des Intendanten ist die gemeinsam mit dem Münchner Haus der Kunst organisierte zweiteilige Retrospektive der 2009 gestorbenen Grande Dame der Konzeptkunst, Hanne Darboven. Ihre raumfüllenden Installationen aus Din-A-4-Blättern haben sie berühmt gemacht. Weniger bekannt sind ihre Objekte und Skulpturen. Darbovens Kosmos wird erstmals in der Breite ab September zu sehen sein. Die Bundeskunsthalle knüpft hier an ihre große Tradition von Künstlermonografien (Richter, Polke, Baselitz) an. Unübersehbar, dass es noch keine lebende Künstlerin in die Hall of Fame der Bundeskunsthalle geschafft hat. Pina Bausch, die man 2016 würdigen will, ist auch seit 2009 tot.

Auf der Schiene zeitgenössischer Kunst fahren sonst noch der traditionsreiche Bundeswettbewerb "Kunststudenten stellen aus" (ab April), der bereits zum 22. Mal in Bonn ausgetragen wird, die bereits in der kommenden Woche startende Ausstellung "Targets" der Fotografin Herlinde Koelbl und das vielversprechende Projekt "Ärger im Paradies", zu dem zehn Künstler eingeladen wurden, um ihre Paradiesvisionen und -albträume auf dem Dachgarten der Bundeskunsthalle zu realisieren.

Ärger im Paradies, so lässt sich auch bezeichnen, was die Europäer anrichteten, als sie die Inselwelt Polynesiens, die Fidschi-Inseln, Tonga und Samoa bereisten. Die Ausstellung "Mitten im Ozean. Die Kunst der Fidschi-Inseln" (ab November) vertieft, was die grandiose James-Cook-Schau der Bundeskunsthalle 2009 begann. Es geht hier erneut um Kunst und Kulturkampf, Träume und Enttäuschung - und viel Ärger im Paradies.

Weitere Details zum Programm www.bundeskunsthalle.de

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