Saisonbeginn im Theater Marabu Vom Suchen und Finden

Bonn · Das Theater Marabu startet mit drei Premieren in die neue Spielzeit. Auftakt ist am 26. August mit der satirisch und grotesk überhöhten Inszenierung des Stückes „In meinem Hals steckt eine Weltkugel“ von Gerhard Meister.

 „Und auch so bitterkalt“: Zwei Schwestern suchen nach dem echten Leben – Premiere ist am 16. September

„Und auch so bitterkalt“: Zwei Schwestern suchen nach dem echten Leben – Premiere ist am 16. September

Foto: Ursula Kaufmann

Das Büro des Theaters Marabu auf dem Gelände der Beueler Brotfabrik hat ein bisschen 'was von der Arche Noah: Tiere über Tiere, wohin man schaut, Pinguine, Haie und Hasen oder auch eine lebensgroße Schlange aus Plüsch. Lauter „Darsteller“ in einem noch namenlosen Stück, an dem der Bonner Autor Lothar Kittstein derzeit arbeitet und das durch die Autorenförderung des deutschen Kinder- und Jugendtheaterzentrums in Frankfurt unterstützt wird. Denn auf die bei einem Projekt zum Stück gestellte Frage „was würdest du mitnehmen, wenn du von zu Hause fliehen müsstest?“ wussten die Kinder an der Bonner Marien- und der Nordschule sowie der Bertolt-Brecht-Gesamtschule direkt eine Antwort: das Kuscheltier als ein Stück Heimat in der Fremde.

Und genau darum soll es auch in der Produktion mit zwei Studenten der Alanus Hochschule gehen, die als Matrosen auf der Arche Noah für eine sichere Überfahrt zu sorgen haben: um Flucht und Vertreibung, darum, ewig auf dem Wasser zu sein oder irgendwo ankommen. „Premiere ist zwar erst im März, aber schon jetzt kommen immer wieder Besucher, um ihre Lieblinge aus Kindertagen hier bei uns abzugeben“, erzählt Claus Overkamp, der das Theater Marabu gemeinsam mit Tina Jücker leitet. Und auch wenn die Zahl der benötigten 200 Kuscheltiere längst überschritten wurde, dürften es gewiss noch mehr werden, während die ersten drei Premieren der Spielzeit 2016/2017 über die Bühne gehen.

Begonnen wird am Freitag, 26. August, mit der satirisch und grotesk überhöhten Inszenierung des Stückes „In meinem Hals steckt eine Weltkugel“ von Gerhard Meister. Sieben Schauspielerinnen und ein Schauspieler gehen dem Widerspruch zwischen einem chronisch schlechten Gewissen mit Blick auf globale Ungleichheit und Ungerechtigkeit einerseits und andererseits den zahlreichen Motiven auf den Grund, letztlich doch nichts am Status quo zu ändern.

Rätselhaft ist der Titel, die Handlung aber sehr real: Das beim niederländisch-deutschen Kinder- und Jugendtheaterfestival „Kaas & Kappes“ ausgezeichnete Stück „Es schneit Eiderdaunen“ der jungen Autorin Jorieke Abbing aus Utrecht erzählt von der achtjährigen Pomme, die plötzlich mit der Trennung ihrer Eltern und dem Verlust des bislang Vertrauten und sicher Geglaubten konfrontiert wird und ihre ganz eigene, veränderte Sichtweise daraus formt.

„Es geht uns darum, eine universelle Geschichte in einer poetischen Sprache zu erzählen und das Existenzielle der Erfahrung in klare Worte zu fassen“, beschreibt Liljan Halfen aus Leipzig ihre Arbeit an dem Stück in der Reihe „Nachwuchsförderung Regie im Kinder- und Jugendtheater“. Sie führt dort gemeinsam mit der Kölnerin Carina Eberle Regie. Die beiden haben sich beim Next Generation Forum des Festivals Westwind 2015 kennengelernt. Wie sie mit der Vitalität und Verletzbarkeit der Sprache von Pomme und ihren Eltern umgehen, das erfahren Zuschauer ab zehn Jahren bei der Premiere am 9. September und nachfolgenden Aufführungen.

Weiter geht es eine Woche später, am 16. September, mit der Inszenierung „Und auch so bitterkalt“ nach dem Roman von Lara Schützsack – einer Koproduktion mit dem Asphalt Festival in Düsseldorf für junge Zuschauer ab 14 Jahren. Im Mittelpunkt steht die Suche nach dem echtem, dem wahren und dem wirklich lebendigen Leben. Für die 16-Jährige Lucinda bedeutet das erst einmal, die totale Kontrolle über ihren Körper auszuüben.

„Die Magersucht des Mädchens steht dabei aber gar nicht so sehr im Vorderrund wie die Perspektive der 13-jährigen Malina. Sie vergöttert ihre große Schwester, aber mit der Zeit kommen ihr Zweifel, ob sie wirklich deren Leben würde leben wollen“, sagt Regisseur Claus Overkamp und fügt hinzu: „Das Stück, das wir auch der Bonner Beratungsstelle für Essstörungen gezeigt haben und das sie sehr treffend fand, stellt mehr Fragen als es Antworten gibt.“

Auf seinem Kalender für diesen Herbst stehen zudem eine Gastspielreise der „Los músicos de Bremen“ in die Bonner Partnerstadt La Paz (Bolivien), eine Tour mit „Griff, dem Unsichtbaren“ zum Festival „Spielarten NRW“ und eine Einladung nach Mannheim. Dort zeigt das Theater Marabu im November„Die Geschichte vom Kleinen Onkel“ beim Festival „Happy New Ears“ am Nationaltheater.

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