Konzert Verschwommener Mozart in der Kölner Philharmonie

Köln · Elisabeth Leonskaja und Igor Levit würdigen die Pianistenlegende Svjatoslav Richter in der Kölner Philharmonie.

 Richter in weiter Ferne: Pianistin Elisabeth Leonskaja.

Richter in weiter Ferne: Pianistin Elisabeth Leonskaja.

Foto: Julia Wesely

Zweimal hat man ihn auch in der Philharmonie erleben können. Der Saal musste eigens abgedunkelt werden, fürs Dämmerlicht auf der Bühne sorgte allein eine kleine Leselampe. Svjatoslav Richter liebte es, Konzerte zu geben, doch das Publikum hat er gescheut. Ein merkwürdiges Paradox, das man auch hören konnte – und natürlich noch immer kann, in den vielen hundert Aufnahmen, die er bei seinem Tod vor zwanzig Jahren hinterlassen hat. Jeder Ton hat eine geradezu existenzielle Tiefe, jede Phrase klingt so, als hinge von ihr ein ganzes Leben ab. Richter hat nie einfach nur schön gespielt und unterhalten. Er hat seine Kunst immer als Verantwortung etwas Größerem gegenüber empfunden.

Und doch hat man den Anschein, dass Richter, der so viel offenbarte, nie alle Karten auf den Tisch gelegt hat. Da blieb immer eine winzige Reserve, eine dünne Linie zwischen sich und der Welt. Vielleicht war an diesem Abend ja der ein oder andere mit solchen Erinnerungen in die Philharmonie gekommen, vielleicht sogar in der Hoffnung, die Erinnerung auffrischen zu können, bei der „Hommage an Svjatoslav Richter“.

Elisabeth Leonskaja hatte mit Richter ja selbst oft gespielt, viel von ihm gelernt und gemeinsam mit ihm auch zwei Alben aufgenommen. Doch dieses biografische Band war dann doch zu dünn. Leonskaja im Doppel mit dem jungen Kollegen Igor Levit und Mozarts KV 448 – Richter blieb da in weiter Ferne, Mozart leider auch. Da waren sicher nur die besten Absichten im Spiel. Doch so einen altmodischen, verschwommenen, pauschalen Mozart hat man an diesem Ort vermutlich lange nicht mehr gehört.

Und trotzdem war’s beileibe kein schlechter Abend. Das frühe Klaviertrio von Schostakowitsch zum Einstand mit Levit, Isang Enders (Cello) und Ilya Gringolts (Geige) – bravo! Wunderbar leidenschaftlich und launisch – das hätte Richter sicher gefallen. Das zweite Klavierquartett von Brahms nach der Pause, nun verstärkt um den Bratschisten Volker Jacobsen: mächtig und dicht im Klang, schnell im Zusammenspiel, weit in der Dynamik, technisch makellos. Hätte es Levit am Flügel etwas mehr krachen lassen und Kante gezeigt, etwa bei den melodiösen Stimmverdopplungen der rechten Hand oder im Bass, bei den Oktaven und Akkorden: Man hätte sich durchaus vorstellen können, Svjatoslav Richter wäre dabei gewesen.

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