Urban Priol zieht in Beethovenhalle Jahresbilanz

Kunstvoll zerzaust und in schreiend buntem Hemd begeisterte der Kabarettist mit seinem Programm "Tilt"

Bonn. "Wir müssen damit rechnen", sagte Angela Merkel 2008, "dass das kommende Jahr ein Jahr schlechter Nachrichten wird." Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten - zumindest für die Kabarettisten, und erst recht bei einem Jahresrückblick.

Urban Priol freute sich darüber sichtlich, als er das vergangene Jahr Revue passieren ließ, in seinem Programm "Tilt" in der gut besetzten Beethovenhalle. Wie gewohnt kunstvoll zerzaust und in einem schreiend bunten Hemd, dazu ein Stehtisch und ein großes Weizen in der Hand, so resümiert Priol, so holt er zu einem Rundumschlag gegen alle Parteien aus, so wütet er mit einer verbalen Sense, bis die Köpfe rollen.

Dabei trifft es die üblichen Verdächtigen: Die deutsche Bahn, Stoiber, Pofalla, selbst Möllemann, bei dem wirklich nicht sehr einsichtig ist, was er in einem Jahresrückblick 2009 zu suchen hat. Nicht immer kommt Priols Kritik dabei über Stammtischniveau hinaus: Dem einen wirft er übermäßige Kopfhautstraffung vor, dem anderen unterstellt er, einmal zu oft blondiert worden zu sein oder es mit seinen Psychosedativa übertrieben zu haben.

Originell ist das alles nicht. Auch die inhaltlichen Aussagen hat man in ebensolcher Form bereits in allen Zeitungen gelesen. Bei diesem Trauerspiel wird schnell vergessen, dass Priol eigentlich brillantes Kabarett machen kann - ein solches, bei dem nicht auf billige Lacher, sondern auf nachhaltige Erschütterung gesetzt wird. Vielleicht kehrt er beim nächsten Jahresrückblick dahin zurück, zu begrüßen wäre es sehr.

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