Uraufführung: "The Nightingales" im Contra-Kreis-Theater

"The Nightingales" ist eine hübsche kleine Komödie über das Showbusiness und die Veränderungen in der Unterhaltungskultur.

 Hauptsache Bühne: Die Nightingales in Aktion.

Hauptsache Bühne: Die Nightingales in Aktion.

Foto: Contra-Kreis-Theater

Die alten Herrschaften können es einfach nicht lassen. Die Bühne war ihr Leben, und deshalb machen sie aus jeder Situation Theater. Das Rampenlicht ist längst erloschen für Charles und Beatrice Nightingale, die einst als berühmtes Show-Paar durch die europäischen Varietés zogen. Jetzt sind sie nur noch ein Ehepaar, das sich gegenseitig anödet. "Das Varieté starb schneller als wir", klagt Charles, der mit seiner Gattin plötzlich bei Jack aufgekreuzt ist. Der findet seine Eltern störend und auch ein bisschen peinlich. Ihr großer Auftritt hat den tristen Beigeschmack von sehr vergangenem Glanz.

"The Nightingales" ist eine hübsche kleine Komödie über das Showbusiness und die Veränderungen in der Unterhaltungskultur. Der britische Autor Peter Quilter hat seine "Nachtigallen" dem Contra-Kreis zur Uraufführung überlassen. Dessen Chef Horst Johanning hat das Werk mit viel lakonischem Wortwitz übersetzt und führt auch Regie bei dem liebenswürdigen Spaß mit einem Schuss rührender Nostalgie.

[kein Linktext vorhanden]Jack Nightingale ist längst ein erfolgreicher Barpianist und Entertainer. Leon van Leeuwenberg, gibt den gereiften charmanten Junggesellen, der Gefühle eher für ein Bühnenphänomen und sich privat lieber bedeckt hält. Seinen bunten Morgenmantel beim Frühstück (Kostüme: Anja Saafan) hält die reizende Maggie für geschmacklich grenzwertig, ansonsten ist die Beziehung rein beruflich. Elisabeth Ebner verkörpert hinreißend die bezaubernde Sängerin, die mit diversen Verehrern wenig Glück hat. Der aktuelle Verehrer schenkt ihr notorisch weiße Lilien, was Grabesstimmung aufkommen lässt und Tränen in den hochprozentigen Cocktail mischt, den sie sich in Jacks großzügiger Londoner Wohnung genehmigt.

Harte Drinks gehören zum täglichen Brot im Showgeschäft, wie Charles nur allzu gut weiß. Jasper Vogt spielt die unerschütterliche Rampensau. Dass seine Beatrice, mit dem Mut zu falschen Tönen und richtiger Lebenswut gespielt von Noëmi Priegel, nachts um vier heimlich ein Taxi nach Dover genommen hat, um möglicherweise zu Schiff nach Frankreich zu entfliehen, ist ein klarer Verstoß gegen die eiserne Theaterdisziplin.

Glücklicherweise gibt es das Faktotum Graham. Thomas Pohn singt und spielt nicht; er wird ernsthaft gebraucht und liefert als treuer Diener die schönste Rollenstudie der ganzen Aufführung. Er kapiert alles und nichts im Familienchaos, bleibt noch im karierten Nachthemd ein Gentleman und weiß im Gegensatz zu Jack sogar, wo die Küche ist.

Dass Charles nach der wilden Jagd zur Kanalküste mit Knoblauchkette um den Hals Trenets "La Mer" schmettert, ist ebenso verzeihlich wie die eingestreuten Backstage-Kalauer. Die komischen nachtaktiven Vögel wollen ja nur spielen, und tun das hier mit einer gehörigen Portion Selbstironie. Im Leben sind sie eitle Narren, auf der Bühne aber Künstler, die ohne Publikum auch gleich auf der "Titanic" ihre Liegestühle tauschen könnten. Animierter Beifall.

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