Unter der Decke wird gewispert

Alexandra Kürtz hat sich in der Konkurrenz um den Kunstpreis der Stadt Bonn durchgesetzt und präsentiert sich mit dem beeindruckenden Finalistenfeld im Künstlerforum

Wachstuch-Trauma:  Preisträgerin Alexandra Kürtz hat es sich in ihrer ironischen Installation "Reproduzierte Künstlichkeit" gemütlich gemacht.

Wachstuch-Trauma: Preisträgerin Alexandra Kürtz hat es sich in ihrer ironischen Installation "Reproduzierte Künstlichkeit" gemütlich gemacht.

Foto: Fischer

Bonn. Bis endlich weißer Rauch aus dem Künstlerforum steigt, bleibt die Klausurdebatte um den aktuellen Kunstpreis der Stadt Bonn alljährlich ein geheimnisumwittertes Ritual.

Von insgesamt hundertundelf Aspiranten und -innen ausgewählt, hat die finale Elite eine Wettbewerbsschau auf die Beine gestellt, die mit Hochspannung geladen scheint. "Noch nie" habe man in der Fachjury "so intensiv" um die endgültige Festlegung der Kandidatur gerungen, verrät Jury- und Kunstmuseumschef Dieter Ronte.

"Völlig überrascht" ist Alexandra Kürtz, die "eigentlich gar nicht erscheinen wollte" zur Verkündigung der Preisnominierung. Im geblümten Rock empfängt die 1969 geborene Preisträgerin einen herbstlichen Blumenstrauß, der unwillkürlich die Gedankenbrücke zu ihrer farbenreichen Installation schlägt.

Die preisgekrönte Arbeit "Reproduzierte Künstlichkeit" spielt mit einem Bukett aus Medien und vielfältigen Zusammenhängen. Mit Filzpantoffeln behaftet durchschreitet man grüne Wiesen, wo mit Plastikblümchendecken eingekleidete Gartentische stehen.

Stereotype Schrebergartenrequisiten, sich allenthalben wiederholendes Balkonambiente stockt die bei Cornelia Schleime und Lily Fischer examinierte Meisterschülerin durch eine zeichnerisch umgesetzte Recherche auf. Im wissenschaftlich grundierten Herbarium prallen künstliche Natur und wirkliche Natur aufeinander.

Fotos und Video konfrontieren ebenso von jenem "künstlerischem Wind" (Kürtz) der lau und gleichzeitig kühl über eine, artifizielle Alltagsklassiker und Klischeewelt reflektierende Bildwelt hinwegfegt. Eine frische Brise liefert die Schau der Preisverdächtigen allein durch ihren hohen Anteil an Neulingen, wie etwa Fotokünstler Dirk Brömmel und Objektkünstlerin Birgitta Weimer.

Die Malereitalente Julia Jansen und Elke Sobotka und die neuerlich zur minimalistischen Plastik tendierenden Naturarbeiten von Amely Spötzl werden umgeben von einer Reihe viel versprechender Arbeitsansätze. Den konventionellen Pomp majestätischer Porträtkunst nutzt Kathrin Hausel (Ölbildnisse auf Orientteppichen) um zu entlarven, was in dieser Sparte gleichsam vielfach unter den Teppich gefegt wird.

Furiose Farbkleckse bündelt Thomas Bambey zu lebhaften Farbräumen. Eine verwirrende Spielwiese von ästhetisch aufgerüstetem Alltagsallerlei bündelt Antonia Low zu einem inspirierenden Formenrepertoire. Nicht nur das von Eva Wal kolportierte Wispern unter den aufgewühlten Deckbetten provoziert die Neugierde des Ausstellungsbesuchers.

Die abrupten Szenenwechsel, ins Surreale verfrachtete Betrachtungen der Videokünstlerin und Malerin Julia Pfeiffer, und vor allen Dingen die komplexe, auf Erfahrungen in der Psychiatrie basierende Installation von Ulrich Behr zeigen eines: Das imponierende Stimmungsbild einer erwachenden Kunstszene erfordert die konstruktive Mitarbeit des Betrachters.

Künstlerforum, Hochstadenring 22-24, Di-Fr 15-18 Uhr, Sa 14-17 Uhr, So 11-17 Uhr. Die Preisverleihung durch Horst Naaß, Bürgermeister der Stadt Bonn findet am Sonntag, 27. November um 11 Uhr statt.

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